Projekt:Mühsame Vorarbeit

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Fertig für den Baueinsatz: Die Mitglieder der Genossenschaft "Johannis" könnten sofort loslegen. (Foto: Robert Haas)

Zehn Haidhauser haben sich in der Kleingenossenschaft "am Johannis" organisiert, um ein Wohnhaus zu bauen. Die Planung kommt nur langsam voran

Von Johannes Korsche, Haidhausen

Ein "Leuchtturm" soll entstehen, inmitten von Haidhausen. An der Metzgerstraße 5 a, wo gerade noch eine der in der Münchner Innenstadt selten gewordenen Baulücken die Häuserfassaden unterbricht. So stellen es sich zumindest die beiden Vorstände der Kleingenossenschaft "Am Johannis" vor, Holger Wernecke und Peter Frodien. Wohnungen mit Signalwirkung gegen die steigenden Miet- und Kaufpreise in München. Ein Wohnhaus, das sich entgegen dem Glas- und Geltungsdrang der modernen Architektur in seine Umgebung einfügt - erbaut von zehn Haidhausern, die Sorgen haben, sich in ein paar Jahren ihre jetzigen Wohnungen nicht mehr leisten zu können. Ein Leuchtturm, der die Genossenschaftsmitglieder vor den teuren Untiefen des Münchner Mietmarktes bewahren soll - und anderen Münchnern Orientierung geben könnte, wie sie solche Untiefen umschiffen. Es gibt da nur ein Problem: Seit Jahren liefert die Stadt, der das Grundstück gehört, einfach keine Möglichkeit, das Leuchtfeuer zu entzünden. Soll heißen: Sie schreibt das Grundstück, das für genossenschaftliches Bauen vorgesehen ist, nicht zur Nutzung aus.

"Das ist frustrierend", sagt Wernecke. Zumal es ohne die Stadt die Genossenschaft gar nicht gäbe. Über die Mitbauzentrale, eine von der Stadt initiierte Anlaufstelle für Münchner, die genossenschaftlich bauen wollen, haben sich die Gründer erst kennengelernt. Schließlich begann alles im Herbst 2016, als Frodien einen Eintrag am Schwarzen Brett der Mitbauzentrale postete. Er sei interessiert daran, eine Genossenschaft zu gründen. Das führte die zehn Haidhauser zusammen, obwohl sie sich davor nicht kannten. Dementsprechend bunt sind die Mitglieder zusammengewürfelt, unter anderem sind zwei Architekten, ein Schreiner, ein Bauingenieur, ein Schauspieler und ein Geschäftsführer seines eigenen Unternehmens mit dabei. "Eine gute Mischung für so ein Projekt", sagt Wernecke.

Auch in der Folge begleitete und unterstützte die Mitbauzentrale die Gründung, die ein "bürokratischer Hindernislauf" war, erinnert sich Frodien. Denn der Dachverband der Genossenschaft prüfe sehr genau, was man da so einreiche. "Wenn zum Beispiel die Kosten für den Hausmeister nicht berücksichtigt sind, bekommt man seine Unterlagen gleich wieder zurück, und es geht von vorne los."

Einen Ort hatte Frodien von Anfang an im Blick: die Metzgerstraße 5 a direkt neben seinem Einrichtungsgeschäft. Auf dem Grundstück war bis in die späten Siebzigerjahre eine chemische Textilreinigung untergebracht. Die Spätfolgen sind noch heute ein Problem: "Es bestehen derzeit noch Bodenbelastungen", teilt die Münchner Gesellschaft für Stadterneuerung (MGS) mit, der das Grundstück gehört. Derzeit werde ein Sanierungskonzept erarbeitet. Ein Stadtratsbeschluss, der das Grundstück ausschreibt, sei momentan in Vorbereitung. Peter Frodien geht das nicht schnell genug. Manchmal fühle sich das alles an wie "eine unendliche Geschichte", sagt er. Schon seit mehr als zehn Jahren hat er wegen des Grundstücks mit der MGS zu tun. Doch noch immer "wissen wir nicht, wie es weitergeht". Bei einem privaten Eigentümer dauere so etwas doch auch nicht zehn Jahre. Da ist sie wieder: die Frustration.

Die Genossen jedenfalls wären startklar. Gedanklich ist das Haus schon "gebaut, beheizt und finanziert", scherzt Frodien. Auf dem zwölf mal zwölf Meter großen Grundstück stellen sich die Mitglieder ein Gebäude vor, dass mit sieben Geschossen die Höhe des benachbarten Hauses aufnimmt. In den oberen Stockwerken sollen Wohnungen liegen, im vorderen Teil des Erdgeschosses soll ein öffentlicher Ausstellungsraum für Münchner Kunst und Handwerk entstehen - "neudeutsch würde man vielleicht Pop-up dazu sagen". Die Kosten dafür will die Genossenschaft selbst tragen und so etwas zur Belebung des Viertels beitragen. Hauptsache, es wird "nicht so eine Ödnis wie bei den Welfenhöfen". Oder an der Feilitzschstraße, wo durch einen Neubau "25 Meter Straßenfläche mit einer Investorenidee zugeballert wurden". Ein Unding für Frodien.

Im hinteren Bereich des Erdgeschosses ist eine kleine barrierefreie Wohnung geplant. Der Ausstellungsraum davor diene als Lärmschutz. Auf der Metzgerstraße fährt eine Trambahn. Das lässt nicht zuletzt den Bau des Hauses zu einer Herausforderung werden. Nichtsdestotrotz ist auch das bereits vorgeplant. Die Laster müssten eben nachts anrücken. Ein fahrbarer Kran würde trotz der engen Straße das Bauen ermöglichen. Der Rohbau wäre dank Holzbauweise in drei bis vier Monaten fertig, sagt der Schreiner Frodien. "Wir wissen, dass es geht und wie es geht."

Da sei es letztlich auch egal, in welcher Weise die Stadt das Grundstück ausschreibe. Ob zum Kauf oder zur Erbpacht. Beides habe man bereits durchgerechnet. "Eigentum steht nicht im Vordergrund", betont Wernecke. Sollten Genossenschaftsmitglieder einmal sterben oder die Genossenschaft aufgelöst werden, werde man die Anteile an große Genossenschaften abgeben.

Letztlich geht es Frodien bei dem genossenschaftlichen "Leuchtturm" auch darum, zu zeigen: "Leute, es geht. Man muss es nur machen."

© SZ vom 11.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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