Pop:Adrenalin der Achtziger

Lesezeit: 2 min

"G.Rag/Zelig Implosion Deluxxe" sind auf ihrem neuen Album inspiriert von Wave und Postpunk

Von Jürgen Moises, München

Es gibt Künstler, die brauchen ganze Bücher, um ihr Credo oder ihren Arbeitsethos zu beschreiben. Für die G.Rag/Zelig Implosion Deluxxe genügen dafür die Worte "laut" und "los". "Laut Los", so heißt das neue, gerade eben bei Gutfeeling erschienene, dritte Album der Münchner Band, die vor sechs Jahren als Duo gegründet wurde und aktuell aus G.Rag alias Andreas Staebler (Gesang, Gitarre), Zelig (Schlagzeug) und Prof. Deluxxe (Moog Synthesizer) besteht. "Laut los", das ist ein sehr prägnanter, kurzer und wegen seiner Doppeldeutigkeit auch sehr gewitzter Titel, der sich auf dem Cover wegen seiner, nennen wir es Spiegel-L-Gestaltung, zudem als "so laut" lesen lässt. Summa summarum: Er wirkt recht einfach, und es steckt doch so Einiges darin. Und das Gleiche könnte man auch über die Musik der G.Rag/Zelig Implosion Deluxxe sagen.

Ehrliche Arbeiter in der Soundfabrik: G.Rag, Prof-Deluxxe und Zelig (von links) setzen auf reduzierte Musik mit Raffinesse. (Foto: Sévérine Kpoti)

Das soll heißen: Für Lieder wie "Tracks", "Dance" oder "Automation" reichen ein paar wenige Sätze und angekratzte Gitarrenakkorde. Der Synthie fiept und blubbert dazu, und das Schlagzeug von Zelig rumpelt leicht vertrackt dahin. Aber irgendwo lauert da meist doch noch ein doppelter Boden. Ein wichtiger Bezugspunkt ist wie bei den vergangenen Alben der New-Wave- oder Postpunk-Sound von Devo, von denen mit "Implosions" ein Cover auf "Laut Los" zu finden ist. Auf dem jüngsten Album hatten G.Rag & Co die Neue-Deutsche-Welle-Helden Palais Schaumburg gecovert. Nun ist neben dem von Devo mit "Viel zu viel" ein Song der Münchner Pop-Institution F.S.K. dran. G.Rag als Thomas Meinecke? Das klappt erstaunlich gut. Von "viel zu viel Adrenalin" ist in dem Song die Rede, der auch bei der "Implosion" etwas Unterkühltes, Aufgekratztes und durch den Synthie und G-Rags angezerrte Transistor-Stimme das passende Achtzigerjahre-Flair hat. Sehr schön.

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Ebenfalls wie beim letzten Mal beginnt das Album mit einer instrumentalen "Begrüßungsfahrt". Die kommt weniger schräg und verspult als die Vorgängerversion, sondern vergleichsweise beschwingt daher. Und mit ihrer Mischung aus No Wave und Elektropunk setzt sie schon mal den musikalischen Rahmen. Von da an treibt ein trotziger Punk- und DIY-Geist die Geschichte an. Sei es beim schepprigen Disco-Punk von "Dance", dem krachig verzerrten "Look Of The World", dem krautig-spacigen "Deluxxe En Orbit" oder dem flotten und politisch angehauchten "Geht's noch", in dem G.Rag die Ideologie der Abschottung anprangert. In "Track" heißt es "Here comes da big lie / This band's a big fake". Und da kann man sich nun fragen, was der Schwindel ist. Die Band oder dass es die Band nicht gibt? Ach und dann ist da noch der Titelsong. Der ist der kürzeste, und eigentlich ziemlich leise.

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Um das Album, die Musik der G.Rag/Zelig Implosion Deluxxe zu fassen, schreibt Pico Be im schönen Pressetext von "Schichtarbeit", einer "Fabrikanlage", von einer "Stechuhr" und "Automobilfabrikaten Made in West Germany". Man könnte dem folgend auch von einem mechanischen "Fabrikanlagen-Sound" sprechen, durch den nichts Künstliches, nichts Digitales, sondern nur guter alter analoger Strom fließt. "Automation, Kommunikation, Television, kenn ich schon", heißt es in "Automation", dem vielleicht besten Song des Albums. Dann wird der Titel außerdem noch auf "Animation", "Korruption", "Faszination" und "Kommt davon" gereimt. Die begleitende Musik wabert erst entspannt, geruhsam vor sich hin. Dann geht es laut los, und der Rest passiert ganz automatisch.

G.Rag/Zelig Implosion Deluxxe: Laut Los , erhältlich unter www.gutfeeling.de sowie im Gutfeeling Recordstore (Maistr. 1)

© SZ vom 09.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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