Imbisse:Wohin mit dem Essen, wenn Plastikboxen verboten sind?

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Mehmed Duman legt das Essen für seine Kunden am Viktualienmarkt momentan noch in eine Box aus Styropor. (Foto: Florian Peljak)

Die EU verbietet Einwegplastik und viele Imbisse in München beginnen bereits nach umweltschonenden Alternativen zu suchen - doch das ist nicht immer einfach.

Von Pia Ratzesberger

Wenn die Trinkhalme aus Plastik verschwinden, wird das niemand merken. Zumindest an diesem Stand auf dem Viktualienmarkt nicht. Sie stehen noch immer verpackt am Fenster, kein Kunde frage danach, sagt Mehmed Duman. Dieses Plastik braucht er nicht. Doch die Boxen aus Plastik braucht er schon. Er verpackt unter anderem Hummus und Auberginen und Paprika darin. 100 Gramm für einen Euro und 90 Cent. Doch jetzt sucht Duman neue Verpackungen - die Europäische Union nämlich hat die Boxen verboten.

Im Dezember hat die EU ein Verbot von Einwegplastik beschlossen, um die Meere zu schützen. Das meiste Plastik in den Ozeanen soll zwar aus Asien stammen, doch auch von der Europäischen Union aus gelangen noch immer große Mengen Kunststoff ins Wasser. In einem Jahr sollen es 150 000 bis 500 000 Tonnen sein - die halbe Million Tonnen würde etwa der Ladung von 66 000 Müllwagen entsprechen. Die EU hat erst einmal das Einwegplastik verboten, für das es schon Alternativen gibt und von dem sich besonders viel an den Stränden findet. Trinkhalme und Teller, Gabeln, Messer und Löffel und eben auch die Boxen aus Styropor, mit denen Mehmed Duman und viele andere Imbisse in der Stadt ihr Essen verpacken.

Das Plastik wird von seinem Stand aus zwar nicht ins Meer gelangen, sondern eher in den Müll, doch Duman nimmt das zum Anlass, um nach einer Verpackung zu suchen, die sich besser wiederverwerten lässt. Plastik wird meistens nur noch verbrannt.

Wenn man beobachten will, wie schnell eine Entscheidung in Brüssel Wirkung entfalten kann, muss man nur durch die Stadt gehen. Die Europäische Union hat das Verbot von Einwegplastik kurz vor Weihnachten beschlossen, gelten soll es vom Jahr 2021 an in allen Staaten der EU - doch eine Woche nach dem Beschluss sucht ein Händler am Viktualienmarkt schon nach umweltfreundlicheren Alternativen. Mehmed Duman hat eine Liste mit neuen Verpackungen neben seiner Kasse liegen, mit Boxen aus Papier zum Beispiel. Er muss sich noch einlesen, welche in Frage kommen. Die Boxen aus Styropor wiegen wenig und waren vor allem billig zu haben. Duman schätzt, dass er etwa 20 oder 30 Cent mehr für eine andere Box wird bezahlen müssen. Doch neue Verpackungen seien ihm trotzdem lieber und das nicht nur, weil sie umweltfreundlicher sein werden. Sondern vor allem, weil er die Boxen aus Styropor nie schön fand.

Fragt man andere Händler, wie sie mit dem Verbot umgehen werden, antworten viele, dass sie gerade dabei seien nach Alternativen zu suchen, aber noch nicht wüssten, für welche sie sich entscheiden werden. In einem Asia-Imbiss zum Beispiel heißt es, man brauche eine Verpackung mit vielen Fächern, das sei nicht so leicht. Andere Händler wissen noch überhaupt nichts von dem Verbot, wieder andere haben ihr Sortiment schon vor ein paar Wochen umgestellt - und machen aus den neuen Regeln geschicktes Marketing.

Die Burgerkette Hans im Glück zum Beispiel verkündete schon Anfang Dezember, alle Plastiktrinkhalme durch Alternativen ersetzen zu wollen, unter anderem aus Zuckerrohr. In einer Filiale in der Zweibrückenstraße sind heute immer noch viele Trinkhalme in den Limonadengläsern zu sehen, die wie Plastik aussehen, aber nicht mehr aus Plastik sind. Ob man auf Trinkhalme nicht ganz verzichten könnte? Der Betriebsleiter des Ladens schüttelt den Kopf. Die Leute wollten das und fragten auch danach. Die neuen Strohhalme kämen aber immerhin nicht mehr in den Restmüll, der am Ende nicht mehr sortiert und nur noch verbrannt wird. Sondern in den Biomüll. Das kann der bessere Weg sein, muss es aber auch nicht - manche Betreiber von Kompostieranlagen klagen bereits über zu viel Bioplastik. Das nämlich verrotte oftmals deutlich langsamer als ihr üblicher Müll und müsse in den Anlagen wieder aus dem Kompost gezogen werden. Das Bioplastik braucht mehr Zeit, die Kompostieranlagen oftmals nicht haben, und landet am Ende deshalb doch im Feuer.

Wenn Mehmed Duman für seinen Stand am Viktualienmarkt eine neue Packung auswählt, wird das also keine leichte Entscheidung sein, und auch viele seiner Kollegen werden nach Alternativen suchen müssen.

Kay-Uwe Hoppe hat von Beginn an keine Behälter aus neuem Plastik verwendet - und wird wegen dem Verbot nun auch nichts verändern müssen. (Foto: Florian Peljak)

Ein relativ neuer Verkäufer am Markt hat das Problem nicht. Der Stand mit dem Namen Caspar Plautz hat erst vor etwa einem Jahr eröffnet und es schon zu einer großen Stammkundschaft gebracht. Es gibt dort unter anderem Kartoffeln mit Shakshuka oder mit grüner Soße - und wer sich das Essen mitnimmt, bekommt eine Box aus recyceltem Plastik und aus Bagasse. Das Material bleibt bei der Produktion von Rohrzucker übrig. Er und seine Kollegen wollten von Beginn an kein übliches Plastik verwenden, sagt Kay-Uwe Hoppe. Sie versuchten so nachhaltig wie möglich zu kochen, weckten viele Zutaten ein und verwendeten wenig Folie. Am liebsten sei es ihnen deshalb, wenn die Leute eine eigene Box mitbringen und sie keine Verpackung ausgeben müssen. Auch nicht aus Bagasse.

© SZ vom 31.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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