Plantage:Picknick im Wald

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Wo sich früher kurfürstliche Jagdgesellschaften zu Lustbarkeiten niederließen, später Picknick genannt, steht heute ein verwunschener Waldbiergarten.

Alois Gudmund

Es ist ein Begriff nicht ganz aus der heutigen Welt. Das Wort Plantage lässt uns an die Früchte und Genüsse ferner Welten denken, an Kaffee, Kakao, Kokosnüsse, Bananen, all das, was einst Kolonialwaren hieß. Plantagen standen freilich auch für koloniale Unterdrückung, Sklaverei und Zwangsarbeit. Dabei heißt Plantage schlicht Pflanzung - und was da gepflanzt wird, ist einfach eine Frage des Breitengrads.

In dem verwunschen gelegenen Waldbiergarten "Plantage" in Freising gibt es solide Hausmannskost und prächtigen Steckerlfisch. (Foto: Foto: Marco Einfeldt)

Dort, wo sich heute am nördlichen Rand von Freising der inzwischen 134 Jahre alte Waldbiergarten Plantage ausbreitet, wuchs früher nur Freisings Forst. Kurfürstliche Jagdgesellschaften preschten durchs Holz, und wenn sich die edlen Herren zu Lustbarkeiten niederließen, die später den Namen Picknick bekamen, sollen die Mönche aus dem nahen Weihenstephan sie angeblich bereits damals mit Bier versorgt haben.

1804 legte die soeben aus München hierher aufs Land verlegte Forstschule einen Pflanzgarten an, den sie eben Plantage taufte. Hier wuchsen Obstbäume neben anderen Baumarten, aus heimischen Hölzern wie aus Übersee. Freisings Schützen sollen sich hier gerne getroffen haben, und seit 1874 gibt es regulären Ausschank in dem Gebäude, das einst ein Forsthaus war.

Freisinger Institution

Seither ist die Plantage zu einer Freisinger Institution geworden. Das hat seinen ohne weiteres nachvollziehbaren Grund: Denn nur wenige Biergärten sind verwunschener gelegen als dieser hier, auf leicht geneigtem Gelände mitten im Wald im Schatten riesiger alter Bäume. 1000 Plätze gibt es hier, und doch wirkt der Biergarten familiär und fast intim - wenn nicht gerade eine Live-Combo Country-Klänge allzu laut in den Forst schmettert und jedes Getränk um einen Euro Musikzuschlag teurer macht.

Vor allem Familien mit Kindern werden sich hier wohl fühlen. Gleich nebenan beginnt der Waldlehrpfad, der Spaziergänger fröhlich durch ein eigenes Waldlabyrinth irren lässt. Die Waldgaststätte selber bietet einen großen Spielplatz mit Schaukel, Fußballfeld und sehr begehrten Elektroautos. Einzige Mankos für überbehütende Supereltern: Gleich neben dem Spielplatz hat der Wirt sich an einer bei unseren Besuchen seltsam brach und unwirtlich wirkenden Sandstrandbar versucht. Und die spielenden Kleinen trennt eine für elterliche Blicke undurchdringliche Hecke von den Biertischen. Allerdings lässt sich auch auf der Waldlichtung gut toben, die - gut einsehbar - gleich neben den Tischen beginnt.

Ein Biergarten muss allerdings mehr bieten als nur Sitzgelegenheiten in freier Natur. Vor allem Bier: Hier kommt es natürlich aus der fast tausendjährigen Brauerei Weihenstephan in die zu musikfreien Zeiten mit 5,60 Euro durchaus maßvoll kalkulierte Maß - und für maßvolle Trinker auch in Halbe. Unter den Holzaugen eines Freisinger Bären, vom Wirt selber mit der Motorsäge geschnitzt, muss in der Regel niemand sehr lange warten, um an ein Kaltgetränk oder ein paar Meter weiter an der Theke an feste Nahrung zu kommen.

Solide Currywurst und ordentlich gebratene Pommes

Die Nahrung besteht weitgehend aus herkömmlicher Biergartenkost. Natürlich gibt es hier einen kräftigen Obazdn - aber eben auch ein knofeliges Tzatziki, die beide so frisch selbstgemacht wirkten wie die Schweinefleischsülze. Der Kartoffelsalat war gar derart fast püreeartig pampig, wie er kaum vorproduziert aus einem Plastikbehälter kommen kann. Sei's drum. Wer kulinarische Höhenflüge erwartet, sollte sich ohnehin von daheim mitbringen, was seine gehobenen Ansprüche erfüllt.

Hier gibt es eine durch und durch solide Currywurst oder auch Schweinsbratwürstl frisch vom Grill, ordentlich gebratene Pommes, große Ofenkartoffeln aus der Folie, schön saftiges Sauerkraut oder ein zwar gut gewürztes, aber leider nicht mehr gar so saftiges Grillhendl. Preislicher Gipfel (für 7,50 Euro) war ein etwas trockenes, wohl zum Ausgleich dafür in Soße geradezu ertränktes Stück Schweinsbraten mit allerdings rescher Kruste.

Stolz zeigt sich die Waldgaststätte auf ihre Salate, doch kann dieser Stolz wohl nur der Tatsache gelten, dass ein Biergarten tatsächlich - und sogar in großen Portionen - Fleischloses anbietet. Bedeckt von einem Klecks Joghurtsoße versank das Grünzeug des gemischten Salats nach landestypischer Art in Essigwasser.

Steckerlfische über glühender Holzkohle

Stammgäste eilen ohnehin an eine Holzhütte am anderen Ende des Gartens. Dort stehen in Reih und Glied die Steckerlfische über glühender Holzkohle - und was für Prachtexemplare sich dort haben pfählen lassen! 15 Euro zahlten wir für eine nach dem Grillen stilecht in Papier gewickelte Lachsforelle. Dafür war sie aber auch ein solches Trumm Fisch, das mühelos zwei Esser füllte, dazu auf den Punkt gegart mit saftigen Fleisch, das auch die mitgelieferten Holzpickerl mühelos von den Gräten lösten.

Zum Biergarten gehört übrigens auch das kleine Restaurant Forsthausstubn im alten Försterhaus. Doch wer will sommers schon unter Dach, wenn er mitten im Wald im Schatten knorriger Baumriesen sitzen kann?

Plantage, Plantage 2, 81354 Freising (an der Straße Richtung Haindlfing). Telefon: 08161/63155. www.plantage-freising.de. Geöffnet bei schönem Wetter täglich von 10 Uhr an.

© SZ vom 04.08.2008/af - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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