Planegg:Wut an der Würm

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Beleidigungen und Schimpftiraden: In Planegg eskaliert die Stimmung wegen des Baus von Flüchtlingsunterkünften

Von Rainer Rutz, Planegg

Das Thema Flüchtlings-Unterkünfte spaltet nicht nur große Teile der Bevölkerung, sondern auch den Gemeinderat von Planegg. Wer die jüngste Gemeinderatssitzung miterlebt hat, konnte das gut beobachten: Einige Männer stritten vor großem Publikum minutenlang lautstark, persönliche Beleidigungen flogen hin und her. Man fühlte sich an schlimme Zeiten im Gemeinderat von Planegg erinnert, Zeiten unter den Bürgermeistern Alfred Pfeiffer (SPD) und Ulrike Höfer (CSU), als es keine eindeutigen Mehrheiten gab und um jede Entscheidung mit allen denkbaren Raffinessen gekämpft wurde - bis hin zu persönlichen Verunglimpfungen.

Jetzt scheint es wieder so weit zu sein. Da tritt Peter von Schall-Riaucour (parteifrei) vor, ein Mann der deutlichen Worte, der schon der verstorbenen Bürgermeisterin Annemarie Detsch (SPD) gerne zugesetzt hatte, und bezichtigt Bürgermeister Heinrich Hofmann (SPD), aus Gründen der persönlichen Eitelkeit mit Steuergeldern Anzeigen zu schalten, um seine Ziele durchzusetzen. Das Ziel, in diesem Fall, ist die Bebauung der Würmwiese an der Georgenstraße mit Flüchtlingsunterkünften, immerhin von der Mehrheit des Gemeinderats so beschlossen. Hofmann, arg dünnhäutig, droht dem Gemeinderat, übrigens nicht zum ersten Mal, mit Abmahnungen und sogar dem Rauswurf aus dem Sitzungssaal. Das gleiche Los trifft auch etliche Zuhörer, welche die Redebeiträge der Georgenstraßen-Gegner mit Applaus quittieren - was laut Gemeindeordnung nicht erlaubt ist. Hofmann schwingt zum Geklatsche seine neu angeschaffte Glocke, um sich Gehör zu verschaffen.

Auf so manchen Beobachter wirkt das Ganze ein bisschen peinlich. Von Gemeinderäten und Bürgermeistern wird gemeinhin Gelassenheit erwartet - und nicht, dass etwa die drei FDP-Gemeinderäte unter Schimpftiraden den Sitzungssaal verlassen, nur weil die Mehrheit eine Sitzungsunterbrechung verweigert. Zumal kurz darauf versöhnliche Worte zu vernehmen sind. Denn Bürgermeister Hofmann erklärt, eine Entscheidung über Flüchtlings-Standorte werde er niemals mit der sogenannten Bürgermeister-Mehrheit, also 13 zu zwölf Stimmen im Gemeinderat, durchpeitschen - dazu sei ihm das Thema doch zu wichtig.

Diese Haltung können dann auch die Gegner der Bebauung honorieren, indes die Wahrnehmung in der Bevölkerung sehr verbreitet ist, dass das Rathaus - und mit ihm der Gemeinderat - bei der Wahl neuer Standorte für Flüchtlingsunterkünfte mitunter nicht gerade sensibel vorgeht. Viele Planegger sind verstimmt, dass ihre Politiker einer Bebauung der wunderschönen wilden Uferlandschaft an der Würm zustimmen, wobei genau gegenüber auf der anderen Würmseite eine rund 10 000 Quadratmeter große, ziemlich wüstenartige Trockenfläche verschont bleiben soll. Auch wenn sich das Rathaus noch so bemüht, das frühere Steinkirchener Erdbeerfeld als ökologisch wertvoll darzustellen - es bleibt den Bürgern schwer verständlich. Es herrscht die Auffassung, dass dort Flüchtlings-Unterkünfte problemlos gebaut werden könnten. Man bräuchte dafür nicht einmal ein Drittel der Fläche zu nutzen.

In Planegg gibt es deshalb nicht wenige, die darauf hoffen, dass sich die Entscheidungsträger noch einmal besinnen und in der nächsten Sitzung Ende April ein neues Konzept vorlegen. Dann würde sich auch das Stimmungsbarometer im Gemeinderat womöglich wieder auf Normalhöhe einpendeln.

© SZ vom 11.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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