Planegg:Totes Holz

Lesezeit: 1 min

Die Tage der alten Rotfichte auf dem Planegger Marktplatz sind gezählt, wenn es nach dem Gemeinderat geht. Dort, wo sie steht, soll künftig der Maibaum aufgestellt werden. (Foto: Catherina Hess)

Fällungsbeschluss zugunsten des Maibaums wirft Fragen auf

Von Rainer Rutz, Planegg

Wenn ein Haus-und Grundbesitzer in Planegg oder Martinsried einen alten, augenscheinlich gesunden Baum fällen will, etwa weil der dem Wohnhaus die Sonne nimmt, muss er eine Menge Regeln beachten. Es kommt vor, dass die Gemeinde eine Genehmigung verweigert und sich auf die Baumschutzverordnung von 2005 beruft. Dort wird akribisch geregelt, ob ein Baum gefällt werden darf und wenn ja, was dabei zu beachten ist. Wer dies vorsätzlich missachtet, muss - zumindest theoretisch - mit einem Bußgeld von bis zu 50 000 Euro rechnen. Für die Kommune selbst scheinen die Regeln nicht unbedingt zu gelten.

Planegg besitzt Hunderte von frei stehenden Bäumen, sie sind kartiert und stehen unter Schutz. Zu ihnen gehört auch die jahrzehntealte Rotfichte auf dem Marktplatz am Eingang zur Tiefgarage. Der Baum, den man durchaus ortsbildprägend nennen kann, soll jetzt gefällt werden, weil - so das Bau- und Umweltamt - der 30 Meter entfernt stehende Maibaum an diese Stelle versetzt werden müsse. Dessen Aufstellung erweise sich "immer als sehr schwierig und aufwendig". 50 Helfer seien dazu nötig, heißt es dazu von den "Almaröslern", dem rührigen Verein für Brauchtum, der für den Maibaum zuständig ist.

Der Gemeinderat folgte bei fünf Gegenstimmen den Argumenten des Umweltamts, wonach der Aufwand einfach zu groß und der Kran, den man zum Aufstellen des tonnenschweren Maibaums bräuchte, zu schwer für die Tiefgarage sei. Auf die Frage, ob der Baum krank sei und ohnehin gefällt werden müsse, hatte die Verwaltung geantwortet, er sei wohl nicht mehr "der Vitalste". Auf die Frage, ob er bald absterben werde, hieß es, ein Jahrzehnt könne er schon noch überdauern.

Nun fragen sich viele Bürger: Wieso gestaltet sich die Maibaum-Aufstellung plötzlich so schwierig? Nach so vielen Jahrzehnten? Warum findet man keine andere Stelle auf dem riesigen Marktplatz? Warum kostet das Ganze 20 000 Euro? Und wo bleiben die Naturschützer im Gemeinderat? Nur Freie Wähler, Teile der Gruppe 21 und der Grünen hatten Alternativen gefordert.

Als Grund für die Fällaktion ließe sich vermuten, dass die Fichte, von der Bahnhofstraße aus gesehen, den Maibaum verdeckt, ihm sozusagen die Schau stiehlt. Der Marktplatz solle "besser wahrgenommen werden", sagte Bürgermeister Hermann Nafziger (CSU). Die Verwaltung versprach, einen Platz für eine Ausgleichspflanzung zu suchen.

© SZ vom 04.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: