Planegg:"Teilweise bin ich erschüttert"

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Bei einer Versammlung von mehr als 500 Martinsrieder und Planegger Bürgern müssen sich Rathaus-Chef Heinrich Hofmann und seine Verwaltung zum Teil heftige Vorwürfe gefallen lassen. Grund ist die Informationspolitik der Gemeinde rund um den Bau von zwei Heimen für Asylbewerber

Von Rainer Rutz, Planegg

Es war die größte Bürgerversammlung, die es in Planegg je gab: Mehr als 500 Martinsrieder und Planegger drängten sich in der Turnhalle der Grundschule Martinsried, um sich Informationen zu einem Thema zu holen, das sie offenbar arg bedrängt: der Bau von zwei Heimen für Asylbewerber in Planegg und Martinsried. Die Gemeinde hatte eingeladen, obwohl die Entscheidung für die zwei Standorte längst gefallen ist. Bürgermeister Heinrich Hofmann (SPD) und seine Verwaltung mussten sich zum Teil heftige Vorwürfe gefallen lassen - nicht, weil die Bürger, wie immer wieder betont wurde, gegen die Aufnahme von Flüchtlingen seien, sondern weil sie das Procedere des Rathauses kritisieren. Zum Ausdruck kam das auch durch eine Unterschriftenliste mit 328 Namen, die Judith Grimme von der Bürgerinitiative "Martinsrieder Runde" an Hofmann übergab.

Der hatte zuvor erklärt, warum sich die Verwaltung nach langer Prüfung für die beiden Standorte am Bolzplatz des Parc du Meylan in Martinsried und am Friedhofsparkplatz in Planegg entschieden hatte. An beiden Standorten sollen mehr als 100 Flüchtlinge untergebracht werden, begonnen wird mit Martinsried in den nächsten Monaten. Hofmann hatte es oft schwer, mit seinen Argumenten zu den Bürgern vorzudringen; sein wichtigster politischer Beistand, der stellvertretende Landrat Ernst Weidenbusch (CSU), hatte seine Teilnahme kurzfristig abgesagt. Laut Hofmann blieben letztlich nur diese beiden Standorte übrig, alle anderen denkbaren seien bereits überplant oder aber "ökologisch wertvoll".

In der bis auf den letzten Stuhl besetzten Turnhalle der Grundschule musste sich Bürgermeister Heinrich Hofmann der Kritik stellen. (Foto: Gemeinde Planegg)

Der Bürgermeister verwies auch immer wieder auf den psychologischen Druck, der ihm und der Verwaltung von Seiten der Regierung von Oberbayern gemacht werde: "Da heißt es kurz und knapp: Wenn ihr keine Standorte zusammenbekommt, dann brauchen wir eure Turnhallen." Hofmann kündigte an, dass die Flüchtlingsunterkünfte "mindestens zehn Jahre" an Ort und Stelle bleiben werden. Erschwerend kommt noch hinzu, dass die Gemeinde Gräfelfing kürzlich nichtöffentlich beschlossen hat, ganz in der Nähe, am Neurieder Weg in Lochham, Platz für weitere 200 Asylbewerber zu schaffen. Wirtschaftsreferentin Bärbel Zeller zeigte Bilder der künftigen Adresse: gestreckte Holzhäuser, 32 Meter lang und zehn Meter breit. In jedem Haus sollen 24 Personen untergebracht werden, insgesamt rund 115 in beiden Ortsteilen. Es fehle noch ein Raum für die notwendigen Sozialarbeiter, kritisierte Zeller, da müsse man nachbessern.

Vor der Diskussion betonte Herbert Veit vom Helferkreis Asyl, dass auch er "keine Lösung des Weltflüchtlingsproblems" habe. In all den Jahren seiner Arbeit habe er aber niemals Kriminalität erlebt: "Die Menschen brauchen bloß ein bisschen Freundlichkeit und Hilfe." Die anschließende Diskussion verlief zum Teil hitzig. Zweimal drehten die Veranstalter das Mikrofon ab, als es zu aggressiv wurde und Bürger langatmige, weltpolitische Statements abgaben.

Die Standorte der geplanten Häuser für Flüchtlinge (Simulation). (Foto: Gemeinde Planegg)

Kritisiert wurde immer wieder der Standort in Martinsried. "Die Flüchtlinge sind uns sehr willkommen", meinte beispielsweise eine Martinsriederin, "aber die Infopolitik der Gemeinde ist verheerend. Wir wehren uns dagegen, als besorgte und ängstliche Bürger bezeichnet zu werden. Wir wissen, wie übel es in der Welt aussieht". Beklagt wurde die "Heimlichtuerei" der Entscheidung, die "portionsweise Informationspolitik", "Politik hinter verschlossenen Türen" und "die Mauschelei aus dem Rathaus".

Es gab aber auch Stimmen für die beiden Standorte. Der frühere Gemeinderat Uli Essig zeigte sich "erstaunt über den Hass, der hier manchmal zu spüren ist". Es sei für die Gemeinde nicht einfach, Plätze zu finden: "Wir sollten in der Lage sein, zivilisiert miteinander umzugehen." Anni Steigenberger, frühere Gemeinde- und Kreisrätin, berichtete von den Erfahrungen anderer Landkreiskommunen: "Anfangs war es überall schwierig, heute läuft es prima." Mehrere junge Leute beklagten den Verlust des Bolzplatzes, Bürgermeister Hofmann sicherte einen Ersatz zu. Eine junge Lehrerin monierte den "hier konstruierten Gegensatz zwischen einem Park und der Menschlichkeit, darin kann ich viel Rassistisches entdecken." Dem schloss sich der Bürgermeister an: "Ich muss schon sagen, teilweise bin ich erschüttert."

© SZ vom 22.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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