Planegg:Nicht nur zum Spaß

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Korbinian Rüger bleibt trotz seines Scheiterns neuer Hoffnungsträger der SPD

Von Iris Hilberth, Planegg

Bisher galt bei Bundestagswahlen das ungeschriebene Gesetz: Man muss dreimal kandidieren, bis man es nach Berlin schafft. Zumindest wenn man nicht bei der CSU ist. Dass ein kurzfristig eingesprungener Ersatzkandidat auf Anhieb dem CSU-Amtsinhaber das Direktmandat abluchsen könnte, hat man in der SPD daher nicht wirklich für möglich gehalten. Auch wenn ein Meinungsforschungsinstitut einen solch unwahrscheinlichen Wahlausgang vorübergehend in die Nähe des Möglichen rückte und heutzutage vielleicht mehr Überraschungen passieren als früher. Die Sozialdemokraten sind daher ganz zufrieden mit dem Abschneiden von Korbinian Rüger, auch wenn er es am Sonntag nicht nach Berlin schaffte.

"Die Umfrage, die den Gewinn des Direktmandats als möglich aufzeigte, war sehr unrealistisch, das war uns schon allen klar", sagt Rüger am Tag nach der Wahl. Aber um alle Wahlkämpfer noch mal zu motivieren, seien diese Zahlen schon gut gewesen. Bis auf drei Prozent, wie vom Umfrageinstitut Insa prognostiziert, ist er nun nicht an Sieger Florian Hahn herangekommen, vom Zweiten Anton Hofreiter von den Grünen trennen ihn fünf Prozentpunkte, 15,3 Prozent der Erststimmen hat der Planegger SPD-Kandidat geholt. "Vor allem haben wir mit 17,3 Prozent der Zweitstimmen das beste SPD-Ergebnis aller Landkreise in Oberbayern", betont SPD-Kreisvorsitzender Florian Schardt. Er ist überzeugt davon, dass sich darauf aufbauen lässt. Wenn nicht nächstes Mal, spätestens bei der übernächsten Wahl sieht er Rüger im Bundestag, vielleicht auch im Europaparlament. Der 32-jährige Planegger sei einer für die Zukunft auf verschiedenen Ebenen. "Er ist unser Mann für Berlin oder für Brüssel", sagt Schardt.

Korbinian Rüger mit Freundin Isabella. (Foto: Claus Schunk)

Der Vorsitzende erinnert daran, dass Rüger schließlich erst im April in den Wahlkampf gestartet war, nachdem die ursprüngliche Kandidatin und Bundestagsabgeordnete Bela Bach aus Verärgerung über die Listenaufstellung hingeworfen hatte. "Jetzt ist sein Gesicht im Landkreis bekannt, er hat ein Statement gesetzt", so Schardt. Nun solle Rüger sich erst einmal beruflich einen Namen machen, schließlich sei er gerade auf dem Weg zur Habilitation. Bis zur nächsten Wahl bliebe dann genügend Zeit, sich Netzwerke aufzubauen und sich auch außerhalb der Partei weiter bekannt zu machen. Die volle Unterstützung der SPD habe er, der Unterbezirk wolle Rüger im Oktober in den Vorstand wählen, als stellvertretender Vorsitzender könne er sich dann mit Bundes- und Europathemen weiter im Gespräch halten.

So sieht das Rüger selbst auch. "Ich habe das ja alles nicht nur zum Spaß gemacht", sagt er. Auf Bundes- und Europaebene sieht er die besten Möglichkeiten, die Themen zu platzieren, die ihm wichtig sind. Natürlich werde er sich auch weiter im Planegger Ortsverein engagieren, vermehrt aber auch im Unterbezirk, bestätigt er. Das Feedback, das er aus der Partei bekommen habe, sei durchweg positiv gewesen. "Wenn man bedenkt, wo wir herkommen - wir sind bei zehn Prozent gestartet - war das ein gutes Ergebnis."

Die aus dem Bundestag ausscheidende Bela Bach sieht das Abschneiden der SPD insgesamt auch als ihren Erfolg an. "Natürlich freue ich mich über das Ergebnis", sagt sie, "darauf habe ich zehn Jahre lang hingearbeitet, eine Wahl zu gewinnen." Gleichwohl zollt sie Korbinian Rüger absoluten Respekt für seinen Wahlkampf, "das hat er in dieser sehr kurzen Zeit sehr gut gemacht". Dass ihre politische Karriere im Alter von nur 31 Jahren beendet ist - damit hat sie sich abgefunden. "Ich blicke nach vorne und konzentriere mich auf mein berufliches Fortkommen und auf meine Promotion", sagt sie. Sie hadere nicht damit, dass diesmal alle SPD-Kandidaten bis Listenplatz 23 in den Bundestag einziehen.

2017 war Bach mit Rang 18 erst als Nachrückerin nach Berlin gekommen. Als sie heuer bei der Listenaufstellung einer parteiinternen Konkurrentin unterlag und ihre Partei sie sogar hinter Platz 18 setzen wollte, gab Bach auf. Dass die SPD besser abschneiden würde als 2017, hatte da noch niemand erwartet.

© SZ vom 28.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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