Planegg:Mehr Platz für Methusalem

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Der Klosterwald bei Maria Eich wird so umgestaltet, dass die uralten Eichen und Hainbuchen und die seltenen Tiere, die sie bewohnen, auf Dauer geschützt sind

Von Rainer Rutz, Planegg

Seit diesem Dienstag gehört der wegen seiner europaweit einmaligen Flora und Fauna als "Wunderwald" bezeichnete Forst bei Maria Eich den Waldarbeitern. Ein bis zwei Wochen lang werden sie dort Bäume fällen. Dies geschieht nicht aus wirtschaftlichen Gründen, sondern nur, um den rund 50 mächtigen und bis zu 300 Jahre alten Methusalem-Bäumen, meistens Eichen, neuen Lebensraum für weitere Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte zu sichern. Bei einem Ortstermin erläuterten Mitarbeiter der Bayerischen Staatsforsten, des Landratsamts München und etliche Natur- und Vogelschützer die Maßnahme der "dynamischen Waldentwicklung", die von der "Allianz zum Schutz des Klosterwaldes Maria Eich" gefördert wird. Sie war vor einigen Jahren von den Staatsforsten, der Gemeinde Planegg, der Erzdiözese München-Freising, dem Augustiner-Kloster Maria Eich und dem Landratsamt München eigens gegründet worden.

Was Fachleute 2015 in den Wäldern rund um Maria Eich erkundeten, fand europaweite Aufmerksamkeit. Nachgewiesen werden konnten unter anderem etwa 220 Holzkäferarten, die in den alten Bäumen leben, davon 88 auf der weltweit geltenden "Roten Liste". Doch damit nicht genug: Gefunden wurden auch acht so genannte Urwaldreliktkäferarten, darunter der "Eremit" und der "Kurzhornschröter", die beide in Europa nur noch extrem selten vorkommen: "Es sind die letzten ihrer Art", sagt Michael Wagner vom Landratsamt München. Die alten Bäume und ihre Bewohner auf Dauer zu schützen, ist das Ziel des Konzepts, für das die Teilnehmer im Jahr 2016 mit dem Bayerischen Biodiversitätspreis ausgezeichnet wurden.

Jetzt gelte es, den Bäumen, Vögeln, Käfern und den dort lebenden neun Fledermausarten einen dauerhaften Überlebensraum zu bieten, sagt Forstbetriebsleiter Wilhelm Seerieder, der das Projekt von Anfang an leitet: "Unser Anspruch ist die nachhaltige Sicherung des naturschutzfachlich herausragenden Eichen-Hainbuchen-Waldrelikts bei Maria Eich mit seinen Methusalem-Bäumen." Dafür wurde ein Vier-Zonen-Konzept für derzeit insgesamt 40 Hektar Wald entwickelt. Die meisten Reliktarten gibt es zur Zeit in einer Kernzone am Kloster. Damit sie weiteren und neuen Lebensraum erhalten, werden in den nächsten Wochen etwa sieben Hektar rund um diese Kernzone weiterentwickelt. Das heißt: Den noch nicht ganz so alten Bäumen - rund 150 Jahre alt - wird ein neuer Lebensraum geschaffen, indem Untergehölz und andere Bäume entfernt werden: "So werden auf lange Sicht neue Methusalem-Bäume entstehen", sagt Seerieder.

Der Freistaat als Waldbesitzer verzichtet dabei weitgehend auf eine weitere wirtschaftliche Nutzung des Totholzes - etwa durch Verkauf als Brennholz. Die nun gefällten Bäume bleiben zum großen Teil liegen. Die älteren Bäume erhalten durch die Fällaktion mehr Sonne und Totholz, das sie als künftige Biotop- und Habitatbäume benötigen. Für die Käfer und andere Lebewesen wird so der Lebensraum erweitert: "Wir gehen davon aus, dass die Käfer mitwandern", sagt Seerieder. Wenn der Lebensraum für die extrem seltenen Tiere durch einen weiteren natürlichen Zerfall der uralten Bäume zu eng wird, wandern sie ab - und benötigen ein neues Habitat in entsprechend alten Bäumen, das die jetzt geplante Aktion über die Jahre hinweg sichern will.

Wie sorgfältig, ja geradezu gefühlvoll, mit den Bäumen und Tieren in Maria Eich umgegangen wird, zeigt auch ein anderer Aspekt, auf den Forstbetriebsleiter Seerieder besonders stolz ist: Die überschüssigen Bäume wird nicht wie sonst üblich mit Maschinen und Traktoren entfernt, sondern mit Pferden, "etwas, was wir heute eigentlich gar nicht mehr machen". Die Besucher von Maria Eich müssen sich in den kommenden Wochen auf eine Sperrung des Parkplatzes einstellen. Seerieder weist auch darauf hin, "dass es verboten ist, herumliegendes Holz mitzunehmen, etwa als Brennholz. Es bleibt absichtlich liegen, wer es nimmt, begeht Diebstahl." Mitglieder der Naturschutzwacht werden deshalb in den nächsten Monaten die Wälder um Maria Eich kontrollieren

© SZ vom 15.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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