Planegg:Ins Gespräch gekommen

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Bei einer öffentlichen Veranstaltung informiert Investor Baldur Trinkl über die geplanten Geothermie-Bohrungen in Planegg, beantwortet Fragen besorgter Bürger - und muss teils heftige Kritik einstecken

Von Annette Jäger, Planegg

Ein "sonores Brummen" soll es sein, mehr nicht. Die Geothermie-Bohrung bis in fast 4000 Meter Tiefe auf dem Acker zwischen Planegg, Martinsried und Gräfelfing, die Ende des Jahres beginnen soll, wird die Bewohner kaum belästigen. So versprach es der Kraillinger Investor Baldur Trinkl, der die Bohrrechte auf dem Areal besitzt. Am Montagabend informierte er die Öffentlichkeit über das Geothermievorhaben im Planegger Kupferhaus. Der zu erwartende Lärm und die Sorge vor Schadstoffemissionen trieben das Publikum um.

Das Geothermievorhaben ist seit Jahren Thema, immer wieder kam das Projekt ins Stocken, immer wieder wurde das Bohrrecht, der Claim, vom Bergamt verlängert. Zuletzt konnte Trinkl nur ganz knapp den Bohrbeginn ein allerletztes Mal um ein weiteres Jahr hinauszögern - bis 30. November muss es losgehen, sonst wird der Claim neu vergeben. Das Gesetz empfiehlt eine "frühzeitige öffentliche Beteiligung", wie Trinkl dem Publikum vortrug. Das hat er mit dem Infoabend im Kupferhaus erledigt. An seiner Seite: der Geologe Wolfgang Alt und der Tiefbohrexperte Berthold Kibellus. Alle drei gaben detailliert Einblick in die geologische Beschaffenheit des Standortes und das technische Prozedere.

Läuft alles nach Plan, wird im Sommer der Bohrplatz etwa in Größe eines Fußballfeldes eingerichtet, im September der 52 Meter hohe Bohrturm aufgestellt, von Oktober an wird gebohrt. Etwa drei Monate dauert die erste Bohrung. Es wird kein "Schlagbohren" sein, wie eine Zuhörerin besorgt fragte, der Bohrer wird sich vielmehr kontinuierlich in die Tiefe schrauben. Trinkl hat Wert auf eine besonders leise Anlage gelegt, betonte er: "Eine noch leisere Anlage ist mir nicht bekannt." Schallschutzwände seien nicht nötig, im angrenzenden Wohngebiet würden die gesetzlichen Dezibel-Grenzwerte nicht überschritten; allenfalls sei ein "sonores Brummen" zu vernehmen: "Ein Lastwagen hat im Stand 70 Dezibel, hier reden wir von Werten zwischen 35 und 45 Dezibel".

Eine zweite Bohrung, die weitere drei Monate dauert, wird sieben Meter versetzt stattfinden, danach werde der gesamte Bohrplatz wieder zurückgebaut. Übrig bleiben zwei U-förmige Rohre, die aus dem Boden ragen. Es muss noch ein Gebäude für den Wassertauscher errichtet werden - etwa zwanzig auf zehn Meter, mit einer Höhe von fünf Metern. Das Gebäude könnte unterirdisch gebaut werden und müsse nicht zwingend auf dem Gelände stehen. Trinkl: "Mit Beginn der Heizperiode im Herbst 2017 steht die Wärme zur Verfügung."

Die Koordinaten: Gebohrt werden soll zwischen Planegg, Martinsried und Gräfelfing. (Foto: Stephan Rumpf)

Mancher im Publikum befürchtet den Austritt von Schadstoffen, da der Bohrplatz auf einer in den Sechzigerjahren verfüllten Kiesgrube entsteht. Trinkl und die Experten versicherten, dass das Bohrloch hermetisch versiegelt sei; auch sei aus der ehemaligen Kiesgrube keine Ausgasung zu erwarten. Für das ganze Projekt seien umfangreiche Umwelt- wie auch Wassergutachten nötig gewesen. Ein Zuhörer wünschte sich, dass die Gutachten im Internet öffentlich zugänglich gemacht werden. Trinkl ließ sich darauf nicht festlegen, er wolle dies aber tun, wenn es das Wirtschaftsamt für nötig erachte.

Die Vermarktung der Wärme sollen andere übernehmen. Wunschpartner ist die Gemeinde Gräfelfing, betonte Trinkl. Bislang konnten sich beide - Trinkl und Gemeinde - jedoch nicht einig werden, wie eine Partnerschaft aussehen könnte, auch über Preise wurde noch nicht verhandelt. Die Gemeinde hat großes Interesse an der Geothermie, sie verfügt bereits über ein zum Teil ausgebautes Fernwärmenetz, seit 2012 gibt es die Fernwärmenetz GmbH, eine Tochtergesellschaft der Gemeinde, die jederzeit in Betrieb gehen könnte. Laut Trinkl haben auch Planegg und Neuried Interesse an der Erdwärme bekundet. Sollten die Verhandlungen mit den Kommunen scheitern, habe er einen "Plan B und C". Es sei auch möglich, ein eigenes Fernwärmenetz zu bauen und zu betreiben - "aber das ist nicht mein vorrangiges Ziel".

Aber Baldur Trinkl musste aus scharfe Kritik einstecken. "Warum sollte die Gemeinde mit der Firma Trinkl ins Geschäft kommen?", fragte Nikolaus von Welck, der Vorsitzende der Interessengemeinschaft Gartenstadt Gräfelfing (IGG), die die Gräfelfinger Bürgermeisterin stellt, "in punkto Kommunikation sage ich: Hände weg." Trinkl sei wenig berechenbar, seit fünf Jahren bemühe er sich, mit Trinkl ein Gespräch zu führen. Der Unternehmer verteidigte sich: "Ich verhalte mich, so gut es geht, neutral." Er habe der Gemeinde immer Rede und Antwort gestanden, er wolle aber auf keiner politisch motivierten Veranstaltung erscheinen. Er legte offen dar, dass sich die Verhandlungen mit der Gemeinde seit dem Bürgermeisterwechsel 2014 und seitdem sich die Gemeinde von einer Beratungsfirma betreuen lasse, erschwert hätten. Zu den Preisen der Wärme könne er erst eine Aussage machen, wenn das Wasser nach oben gepumpt sei und klar sei, wie viel und wie heiß es aus dem Erdinneren kommt. Er wolle das Projekt jetzt auf die Zielgerade bringen und die Wärme so günstig wie möglich abgeben. Aber: "Die Preise müssen wirtschaftlich verantwortbar sein."

© SZ vom 02.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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