Stadtgestaltung:Schön geht anders

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Der Taxistand am Goetheplatz hat sicher seine Berechtigung, aber hübsch ist er nicht. (Foto: Catherina Hess)

Warum werden so viele Plätze nicht aufgewertet? Immer wieder liegt es am Verkehr. Einige Beispiele aus einer Liste, die sich endlos fortsetzen ließe

Von Dominik Hutter

Zum Beispiel der Goetheplatz: eine verkehrsumtoste Fläche mit unbenutzbaren Grünflächen, dazu kommt eine großzügige Asphaltfläche, die nur als Tiefgaragenzufahrt und Taxistand genutzt wird. Auch in einer gemeinhin als schön geltenden Stadt wie München wimmelt es von Plätzen, aus denen man deutlich mehr machen könnte als die heutigen Straßenkreuzungen. Am Goetheplatz etwa wäre eigentlich genügend Raum, eine gemütliche Piazza zu schaffen. Vor allem die Goethe- und Häberlstraße sind viel breiter, als es für eine verträgliche Abwicklung des Autoverkehrs notwendig wäre. Allerdings liegen auch die Probleme auf der Hand: Die stark befahrene Lindwurmstraße wird den Platz immer in zwei Stücke zerschneiden, und natürlich hat auch ein Taxistandplatz (vor allem zu Wiesn-Zeiten) seine Berechtigung. Die Anwohner wollen weiter in ihre Tiefgaragen fahren können, und die bestehenden Aufgänge der U-Bahn schaffen nur sehr schwer zu verlegende Fakten.

Der Goetheplatz, zentral gelegen in der Ludwigsvorstadt, kommt im Fünfplätzeprogramm der SPD nicht vor. Vermutlich wäre ein Umbau deutlich teurer und komplizierter als bei den nun anstehenden Stadtreparaturen. Und irgendwo muss man ja auch einmal anfangen. Knöpft man sich die Münchner Plätze einmal der Reihe nach vor, entdeckt man zahllose Verbesserungsmöglichkeiten. Selbst ein so repräsentatives Karree wie der Max-Joseph-Platz direkt vor der Residenz und dem Nationaltheater harrt bis heute einer Lösung - die schneckenförmige Tiefgaragenzufahrt hat bisher alle Umgestaltungsideen blockiert. Der Marienplatz wurde immerhin von der Radl- und Busfurt befreit, die die Fläche ungünstig zerteilt hatte. Als gemütliche "Piazza" mit Aufenthaltsqualität wird aber selbst dieser zentralste aller Münchner Plätze von den Einheimischen nicht gerühmt.

Auch in den zentralen Stadtvierteln wimmelt es von Freiflächen, die zwar vorhanden, aber nicht so recht nutzbar sind. Der Kurfürstenplatz in Schwabing etwa, der eigentlich durchaus ansehnlich wäre. Wenn er nicht von einer beachtlichen Tram-Schienenkreuzung dominiert würde und von einer Zickzack-Verkehrsführung, die durch eine etwas verquere Einbahnregelung in der Nordend- und Kurfürstenstraße erzeugt wird. Die Folge ist, dass die Verkehrsinsel in der Mitte das Einzige an diesem Platz ist, das nach Platz aussieht. Oder, wenn man böse ist, nach Tramhäuschen auf einem Platz, denn darum handelt es sich ja eigentlich.

Es ist immer wieder der Verkehr, der Platzverschönerungen ausbremst. Der eher als Stehbierparadies denn als Erholungsfläche genutzte Heimeranplatz im Westend etwa wird immer darunter leiden, dass an seinem südlichen Ende der Mittlere Ring in Form eines autobahnähnlichen Betonparadieses an die Oberfläche kommt. Die Situation wirkt hoffnungslos, auch wenn dort demnächst ein architektonisch interessantes Hochhaus zumindest die Optik verbessern dürfte. Beim Herkomerplatz in Bogenhausen käme man zunächst gar nicht auf die Idee, dass es sich um einen Platz handelt. Wenn dies nicht so auf den weiß-blauen Straßenschildern vermerkt wäre. Dort kreuzen sich Bülow-, Oberföhringer, Ismaninger und Montgelasstraße - den eigentlichen Platz, der aus Grünflächen besteht, bemerkt man erst auf den zweiten Blick. Er wirkt wie extra an den Rand gerückt, um das rasante Verkehrsgeschehen nicht zu stören.

Auch am St.-Quirin-Platz fragt sich der gemeine Passant, wo denn dieser ominöse Platz eigentlich beginnt und wo er wieder aufhört: Schier endlose Flächen und eine Grünanlage finden sich hier, dazu sehr viele Fahrspuren, wo sich Chiemgau- und Tegernseer Landstraße treffen, der Mittlere Ring vollzieht sozusagen einen Knick. Immerhin: Die dortige U-Bahn-Station zählt zu den architektonisch interessantesten im Münchner Untergrundnetz.

Als verbesserungsbedürftig gilt seit Langem auch der Tegernseer Platz in Obergiesing, die Debatte über eine Verschönerungs- und vor allem Verkehrsberuhigungsaktion ist bereits in vollem Gange. Es ist gar nicht schwierig, sich an dieser Stelle einen urbanen Platz vorzustellen, direkt vor dem markanten Postgebäude, das Ende der Zwanzigerjahre im Stil der neuen Sachlichkeit errichtet wurde. Nur: Wohin mit dem ganzen Verkehr? Der Platz beherbergt in seiner Mitte neben Autospuren auch eine raumgreifende Trambahnhaltestelle.

Die Liste ließe sich endlos fortsetzen, vom Georg-Kronawitter-Platz in der Altstadt (ehemals Sattlerplatz), dessen Umbau immerhin schon feststeht, über den Dauerbrenner Marienhof (derzeit Baustelle für die zweite S-Bahn-Stammstrecke) bis zum Isartorplatz, zu dessen Verbesserung sich der Stadtrat trotz bereits vorliegender Pläne nicht durchringen konnte. Aber natürlich gibt es auch Positivbeispiele: den Harras etwa, der seit der Umgestaltung deutlich dazugewonnen hat. Oder den Gärtnerplatz. Der war allerdings auch vor dem Umbau schon schön.

© SZ vom 07.03.2019 / dh - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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