Umgestaltung:Mehr Platz für Fußgänger und Radler, weniger für Autos

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Der Vorplatz der Museum-Lichtspiele: hier sollen Geh- und Radwege vergrößert werden. (Foto: Alessandra Schellnegger)
  • Die Stadt will fünf Plätze umgestalten, darunter das Siegestor und die Ecke vor dem Museum Lichtspiele.
  • Breite Fahrbahnen sollen verkleinert und so mehr Platz für Radfahrer und Fußgänger geschaffen werden.
  • Schon am 18. März soll der Umbau des St.-Pauls-Platz beginnen.

Von Dominik Hutter

Man nehme: eine große Verkehrsschneise, mehrere Querstraßen, eine Tramhaltestelle plus Wendeschleife, eine Busspur für den Schienenersatzverkehr, ein Taxistand und Parkplätze. Alles zusammengemischt auf kleiner Fläche - dann kommt im Laufe von Jahrzehnten so etwas wie der Willibaldplatz heraus. Eine irgendwie verhunzte Betonwüste mit überdimensionierten Fahrspuren, ein paar Bäumen und sehr viel Gestrüpp. Ein Ort, an dem man sich eigentlich nicht aufhalten will.

Läuft alles ab wie geplant, steht dieser Zustand kurz vor seinem Ende. Schon im Mai sollen die Bagger anrücken und den Anteil der Asphaltflächen ganz kräftig zurechtstutzen. Der Willibaldplatz, in Laim an der Agnes-Bernauer-Straße gelegen, wird aufgehübscht - noch im Herbst sollen die Arbeiten abgeschlossen sein. Die Busspur wird schmaler, die Fahrbahn im Süden fällt ganz weg. Dort entsteht ein Fußgängerbereich. Das Gestrüpp in der Platzmitte wird ausgedünnt, vier Bäume gefällt und 29 neu gepflanzt.

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Fünf Holzdecks dienen künftig als "Sitzinseln" im Grünen, der Asphalt der Tram-Wendeschleife wird grün angepinselt. Eigentlich sollte an dieser Stelle ein Rasengleis verlegt werden. Dem hat die Planung der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) jedoch einen Strich durch die Rechnung gemacht: Weil dort künftig die Verstärkerlinie 29 wenden soll, werden Bedarfsgleis und -haltestelle für den Regelbetrieb benötigt. Insgesamt kostet die Umgestaltung 2,3 Millionen Euro, eine Risikoreserve schon inklusive.

Die Schönheitskur im Münchner Westen ist Teil einer stadtweiten Platz-Offensive, die die SPD-Stadtratsfraktion angestoßen hat. Die Idee dahinter: Plätze aufhübschen, ohne allzu großen Aufwand betreiben zu müssen. Die einzige städtebauliche Prominenz in dem Fünferpack ist das Umfeld des Siegestors, in dem Parkplätze und Fahrbahnen der Wiederherstellung der historischen Pappelallee weichen sollen. Die anderen Kandidaten im Paket sind der Vorplatz der Museum-Lichtspiele (Rosenheimer/Lilien-/Zeppelinstraße), der Aubinger Ortskern (Alto-/Ubostraße) und der St.-Pauls-Platz. Die Umbauarbeiten sollen an vier der fünf Stellen noch in diesem Jahr beginnen. Beim Vorplatz der Museum-Lichtspiele orientiert sich das Baureferat am Zeitplan für die Sanierung der benachbarten Ludwigsbrücke. Dort wird 2020 und 2021 gewerkelt.

Das Grundprinzip ist überall dasselbe: Überbreite Fahrspuren sollen verschmälert, der Raum für Fußgänger und Radfahrer sowie für Grünflächen größer werden. Am St.-Pauls-Platz, dessen Umbau am 18. März beginnt, entsteht eine komplett neue Platzfläche. Wo heute noch Autos rollen, kann man dann gemütlich flanieren oder auf Bänken sitzen - direkt vor dem repräsentativen Haupteingang der Paulskirche. Der heute etwas versteckt vor sich hin plätschernde Brunnen des Künstlers Claus Nageler wird an einen prominenteren Ort direkt auf der neuen Granitfläche versetzt. Der Grün-Verhau rings um die neugotische Kirche wird ausgelichtet, auf längere Sicht soll es vor allem im Bereich der Apsis übersichtlicher zugehen. Die Aktion in unmittelbarer Nähe der Theresienwiese kostet knapp 4,3 Millionen Euro, muss während des Oktoberfestes unterbrochen werden und endet 2020 mit dem Umbau des nördlichen Kirchenvorplatzes.

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Im April geht es dann auch am Siegestor los. Der 1843 bis 1852 errichtete Triumphbogen stand einst an einer Pappelallee, die von der Adalbertstraße bis zur Leopoldstraße (damals Schwabinger Landstraße) reichte. Beim Bau der Trambahn Ende des 19. Jahrhunderts wurde dann der Platz knapp, die Bäume mussten weichen. Die links und rechts der Ludwigstraße stehenden Gebäude unmittelbar südlich des Siegestors kommen in der ursprünglichen Konzeption des Architekten Friedrich von Gärtner ebenfalls nicht vor. Sie wurden erst zwischen 1877 und 1889 im Stil der Neorenaissance beziehungsweise 1936/39 von den Nazis ("Haus des Rechts") ergänzt.

Da die Häuser natürlich nicht zur Debatte stehen, kann der historische Zustand nur teilweise wiederhergestellt werden. Aber zumindest das will Baureferentin Rosemarie Hingerl umsetzen - für 5,4 Millionen Euro. Wenn der Stadtrat Ende März seinen abschließenden Segen gibt, verschwinden die zeitweise als wilder Gebrauchtwagenmarkt genutzten Asphaltflächen am Rande der Ludwigstraße ebenso wie die unnötigen Ein- und Ausfädelspuren an der Sckell- und Adalbertstraße. Den frei werdenden Platz wird die Pappelallee einnehmen. Die Bäume werden mit gehörigem Abstand zueinander gepflanzt, damit die Häuserfassaden sichtbar bleiben. Der Umbau dauert voraussichtlich bis Herbst 2020.

Nicht immer sind die Anwohner begeistert

Etwas komplizierter gestaltet sich der Umbau der überdimensionierten Kreuzung Rosenheimer/Zeppelin-/Lilienstraße. Den Anwohnern zuliebe musste das Baureferat seine ursprünglichen Pläne überarbeiten - die Autofahrer wollten nicht gar so viel Asphalt an Radfahrer und Fußgänger abtreten wie eigentlich geplant. Klar ist aber, dass die Lilienstraße im Kreuzungsbereich keine vier Spuren braucht. Wenn man die verbleibenden Fahrspuren zusammenrückt, wird Fläche für die Vergrößerung der Geh- und Radwege frei, zusammen mit dem Dreieck vor dem Kino entsteht ein platzähnliches Gefüge. Zusätzlich wird eine Gefahrenstelle entschärft: An der Rosenheimer Straße entsteht ein Radl-Übergang samt Ampel, sodass man in Fahrtrichtung stadteinwärts links in die Zeppelinstraße abbiegen kann. Die Umplanung hat den Umbau verzögert, der Stadtrat soll erst im Herbst entscheiden. Eine Kostenschätzung gibt es noch nicht.

Auch in Aubing hält sich die Begeisterung der Anwohner in Grenzen, die Planung wurde daher deutlich abgespeckt. Was sich auch bei den Kosten bemerkbar macht, die "nur" bei 850 000 Euro liegen. Sobald die Bauarbeiten am Pfarrheim St. Quirin abgeschlossen sind, also voraussichtlich im Juli, beginnt eine behutsame Verschmälerung der Ubostraße. In Aubing grassierte die Sorge, in einer allzu schmalen Straße kämen die landwirtschaftlichen Fahrzeuge nicht mehr durch, die Aubing immer wieder passieren. Dies allerdings, so versichert das Baureferat, wird nicht passieren. Bescheidener dimensioniert wird vor allem die Kreuzung Alto-/Ubostraße, die heute wegen ihrer Breite zum rasanten Abbiegen verführt. Verkehrsbeschränkungen zugunsten eines zentralen "Dorfplatzes" lehnen die Bürger ab. Dafür wird nun direkt vor der Kirche St. Quirin die Fahrbahn auf Gehwegniveau angehoben.

© SZ vom 07.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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