Perlach:Zu oft vertröstet

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"Ein Mahnmal für die Stadt und die Bürger": Die von Jan Deichmann gestaltete Wand soll solange stehen bleiben, bis am Hanns-Seidel-Platz tatsächlich mit dem Bau des Kulturzentrums begonnen wird. (Foto: Stephan Rumpf)

Die Perlacher machen Druck beim Bau des Kulturzentrums am Hanns-Seidel-Platz. Ein "Protest-Graffiti" soll an die jahrzehntelangen Querelen um die Neugestaltung des Areals erinnern

Von Johannes Korsche, Perlach

Bis die Bürger auf ihrer Versammlung zu Wort kommen, dauert es ein wenig. Nicht weil die Perlacher etwa schüchtern wären und ihre Meinung nicht vorbringen wollten, sondern weil die Bühne zunächst der Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD), dem Vorsitzenden des Bezirksausschusses Thomas Kauer (CSU) und Steffen Küppers von der Polizei gehört. Die sind sich einig, dass es im Viertel überwiegend gut läuft. Oder wie Küppers sagt: "Das Motto 'Es ist schön in Bayern zu leben' lässt sich problemlos auf Perlach übertragen."

Als die Perlacher an die Mikrofone dürfen, zeigt sich, dass an diesem Donnerstagabend nicht jeder der knapp 250 Besucher nur zum Zuhören gekommen ist. Die angesprochenen Probleme reichen von dem zugeparkten Pfanzeltplatz über die Platznot an den Schulen und den von der Stadt vernachlässigten Ostpark bis hin zum Kulturzentrum am Hanns-Seidel-Platz. Außerdem soll die Tempo-30-Zone am Anfang der Staudingerstraße aus Sicherheitsgründen verlängert werden.

Dass die Planung beim Kulturzentrum am Hanns-Seidel-Platz nur schleppend vorangeht, bleibt ein Kritikpunkt für viele Perlacher. Zwar hatte Kauer bereits auf den anvisierten Baubeginn Ende 2020 hingewiesen. Mit Blick auf die Wohnungen, die zu diesem Zeitpunkt fertiggestellt sein könnten, kritisiert Ulrich Höhnberg den späten Baubeginn. "Das wird sich störend auf die frisch bezogenen Wohnungen auswirken." Unter Applaus gibt er zu bedenken: "Warum wird sich überhaupt auf die Suche nach einem privaten Investor gemacht?" Er stellt in Frage, dass ein Bürger- und Kulturzentrum für einen Privatinvestor aus wirtschaftlicher Sicht sinnvoll sein kann. "Was spricht eigentlich dagegen, dass die Stadt das Bürgerzentrum selbst baut?" Ausdrücklich verlangt er von der Verwaltung eine schriftliche Antwort auf seine Fragen.

"Mit einer Anfrage ist es bei dem Thema leider nicht getan", findet Ulrich Knauer, Vorsitzender des Trägervereins des Kulturhauses. Er fordert: "Die Stadt wird verpflichtet, dass sie 2020 anfängt, das Kulturzentrum zu bauen." So recht will Knauer nicht an den neuen Termin glauben - zu oft wurde er vertröstet. Um die jahrzehntelangen Querelen bei der Neubebauung des Hanns-Seidel-Platzes abzubilden, seien an die Westseite des Kulturhauses "Protest-Graffiti" gesprayt worden. "Diese Wand soll stehen bleiben, als Mahnmal für die Stadtpolitik und die Bürger", fordert er. So lange, bis tatsächlich mit dem Bau des Kulturzentrums begonnen wird. Eigentlich sollte das Haus in diesem Jahr noch abgerissen werden, um einer Baustellenzufahrt zu weichen.

"Dringender Handlungsbedarf" besteht für die Perlacher am Pfanzeltplatz. Mehrheitlich fordern sie, die "Verlotterung des Pfanzeltplatzes" zu stoppen. Zu viel Verkehr und zu viele parkende Autos verringerten die Aufenthaltsqualität. Beim Umbau des Platzes habe man versprochen, dass der Bereich in der Folge verkehrsberuhigt werde, erinnert sich ein Perlacher. Doch es kam anders. "Ein Trauerspiel!" Er wirft in den Raum, was wäre, wenn zum Beispiel auf dem Königsplatz ähnliche Zustände herrschen würden.

Das Stichwort "Verlotterung" griff auch seine Nachrednerin auf. Der Ostpark "verkommt zum Hunde- und Grillparadies". Die Stadt überlasse den Park sich selbst, eine Parküberwachung sei nicht erkennbar, so ihr Vorwurf.

Einigkeit herrschte beim Antrag von Barbara Teutsch vom Elternbeirat der Grundschule am Pfanzeltplatz. Sie fordert das Referat für Bildung und Sport (RBS) sowie das Staatliche Schulamt auf, eine Lösung für den Andrang auf ihre Schule zu finden. Besonders durch das neue Wohnquartier an der Hochäckerstraße erwartet sie in den kommenden Jahren einen Zulauf von bis zu 250 neuen Schulkindern. Derzeit besuchen etwa 290 Kinder die Grundschule. Schon jetzt sei die Raumsituation in der Schule beengt. "Bitte reißen sie die Schule nicht auseinander", appellierte Teutsch. Sie befürchtet, dass Dritt- und Viertklässler ihre gewohnte Schulumgebung verlassen müssen, um Platz für die Neunankömmlinge zu schaffen.

Auch die Bürgerversammlung in Rammersdorf am Donnerstag, 22. Juni, wirft ihre Schatten voraus. Ein mit Mehrheit verabschiedeter Antrag fordert "Finger weg vom Kustermannpark". Die Reizthemen gehen in dem größten der Münchner Stadtbezirke nicht aus.

© SZ vom 20.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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