Perlach:Dämpfer für das Rotlicht-Milieu

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Eigentümergemeinschaft will ein Bordell um fast 50 Zimmer in Perlach-Süd erweitern, das Verwaltungsgericht verwehrt ihr das wegen zu viel Prostitution im Gewerbegebiet. Die Eigner wollen das Urteil anfechten

Von Anita Naujokat, Perlach

Der Streit um die Ausweitung bordellähnlicher Betriebe im Gewerbegebiet Perlach-Süd zwischen der Stadt München und einer Eigentümergemeinschaft ist in die nächste Runde gegangen. Nach Auskunft des Verwaltungsgerichts haben die klagenden Eigentümer der Gebäude einen Antrag auf Zulassung zur Berufung beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) gestellt, nachdem die achte Kammer unter der Vorsitzenden Richterin Marion Pauli-Gerz erwartungsgemäß deren Klage zurückgewiesen hatte.

Die Grundstückseigner hatten bei der Stadt Nutzungsänderungen für ihre Gebäude an der Hofer Straße 19 und 19b beantragt, die diese als planungsrechtlich unzulässig ablehnte. Im Vordergebäude waren 15 Zimmer vorgesehen, in denen zwölf Frauen arbeiten sollten, im Rückgebäude bis zu 34 Räume für 23 Prostituierte in jeweils zwei Schichten.

Das Gericht folgte weitgehend den Argumenten der Stadt. Laut einer Stellungnahme des Polizeipräsidiums von Ende 2014, auf die sich die Richter bezogen, gibt es an der Hofer Straße bereits vier Gebäude, die überwiegend als Bordelle und anderweitige Einrichtungen des Rotlichtmilieus genutzt würden. Zum Teil seien sie nicht genehmigt. Zusammen wiesen sie 71 Zimmer auf, die sich auf 13 Betriebe verteilten. Die Kammer sah damit auch für ein Gewerbegebiet die Verhältnismäßigkeit überschritten, zumal nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Frauen in den Zimmern wohnten. Dies sei in einem Gewerbegebiet nur ausnahmsweise für Betriebsleiter oder Aufsichtspersonen zulässig, heißt es in der Urteilsbegründung. Kämen immer neue Etablissements dieser Art hinzu, hätte das Umfeld bald das Gepräge eines Sondergebiets "Bordellbetriebe". Das Vorhaben führe zu einer "nicht mehr verträglichen Dichte der Prostitutionsausübung". Das Gericht schloss auch einen gewissen "Trading-down-Effekt" nicht aus, also einen Qualitätsverlust für das Gebiet und negative Auswirkungen für die dort ansässigen Gewerbebetriebe.

Auch die nahe Wohnbebauung im Osten und Westen, die benachbarte Bezirkssportanlage Süd, auf denen sieben Kinder- und Jugendvereine trainierten, die Kita und der Jules-Verne-Campus mit Grundschule und Gymnasium in der Nähe spielten bei der Entscheidung der Richter eine Rolle, da die Schichten der Frauen um 11.30 Uhr beginnen sollten.

Die Kläger hatten hingegen damit argumentiert, dass die Betriebe zum Teil bereits mehr als zehn Jahre existierten, ohne dass es zu Problemen mit Anwohnern und Berufstätigen gekommen sei. Angestellte benachbarter Unternehmen hätten sogar um den Einbau einer Tür in den Parkplatzzaun gebeten, um bequemer über das Grundstück zur S-Bahn-Station gelangen zu können, was auch geschehen sei. Im Übrigen könne im Rahmen des Rücksichtnahmegebots nicht die Zahl der Bordellbetriebe, sondern nur die Zahl der Zimmer von Bedeutung sein. Das Vorhaben sei eine "nur unerhebliche Erhöhung um lediglich sechs Zimmer" für die Hausnummer 19. Die hintereinander stehenden Gebäude träten überhaupt nicht als Rotlichtbetriebe in Erscheinung. Auch das Argument der Nähe von Schulen und Sporteinrichtungen lässt die Klagepartei nicht gelten: Die Schulen an der Bayerwaldstraße seien so weit entfernt, dass niemand auf dem Schulweg an den Bordellbetrieben vorbeikomme. Und die Betreiber der Kinderkrippe hätten von den Betrieben gewusst, als sie die Einrichtung ansiedelten.

Die Kammer der ersten Instanz hat keine Berufung zugelassen. Um deren Zulassung kämpft die Eigentümergemeinschaft nun mit ihrem Antrag auf Zulassung. Die Erwiderung stehe noch aus, sagte ein Sprecher des Verwaltungsgerichtshofs. Wann eine Entscheidung darüber falle, sei noch nicht absehbar.

© SZ vom 29.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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