Proteste gegen Pegida in München:Nachdenklich und kämpferisch

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"München ist bunt" und "Bunt ist g'sund": 20.000 Münchner demonstrierten am Montag gegen Bagida. (Foto: Stephan Rumpf)

In München hat sich am Montag gezeigt, wie gefährlich der Pegida-Protest ist: Hier marschierten bekennende Neonazis mit. Dagegen hat die Stadt ein großartiges Zeichen gesetzt.

Ein Kommentar von Kassian Stroh

Drei Wochen liegen nur dazwischen, aber was hat sich nicht alles verändert. Zum einen, dass an diesem Montag noch viel, viel mehr Münchner gegen die Aufmärsche der Pegida-Aktivisten demonstriert haben: 20 000 sollen es gewesen sein, kurz vor Weihnachten waren es angeblich 12 000. Zum anderen aber, und das ist viel wichtiger, geht es inzwischen um viel mehr.

Vor drei Wochen hat München ein Zeichen gesetzt, dass Flüchtlinge hier willkommen sind, dass alle Menschen - gleich welcher Herkunft - eine Bereicherung sind für diese Stadt. Diesmal, nach den blutigen Terroranschlägen von Paris, hat München gezeigt, dass es für ein friedliches tolerantes Miteinander von Gläubigen aller Religionen (und natürlich auch Atheisten) eintritt. Es war ein großartiges Zeichen, was da vom Sendlinger Tor ausging.

Nachdenkliche und kämpferische Reden

Selten hören Demonstranten bei einer Kundgebung so nachdenkliche Reden. Da preist ein Münchner Jude einen malischen Flüchtling, der in Paris in einem koscheren Supermarkt Menschenleben rettet. Da steht der Repräsentant der Muslime und dankt der Stadt für ein ermutigendes Zeichen. Da treten gemeinsam die Vertreter der katholischen und evangelischen Kirche auf und sprechen von einem bunten Abendland, das niemand mit dem Beschwören angeblich christlicher Werte für sich vereinnahmen dürfe. So nachdenklich die Reden waren, so kämpferisch waren sie in der Konsequenz. In München hat die ganz große Koalition der Religionen den Schulterschluss demonstriert.

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Pegida will am Montag in Gedenken an die Opfer von Paris mit Trauerflor marschieren. Justizminister Maas und CSU-Chef Horst Seehofer fordern die Initiatoren auf, ihren Demo abzusagen. Widerspricht das nicht auch der Meinungsfreiheit?

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In München - jener Stadt, die die Nazis einst zur Hauptstadt ihrer mörderischen Ideologie erkoren hatten. In München, wo noch vor zwölf Jahren Neonazis die Baustelle des Jüdischen Zentrums am Jakobsplatz sprengen wollten. In München, wo die Nazi-Terroristen des NSU zwei Menschen ermordeten. In München, wo sich am Montag gezeigt hat, wie gefährlich der Pegida-Protest ist: Hier marschierten offenbar bekennende Neonazis mit, darunter ein Angeklagter aus dem NSU-Prozess.

Das darf die Stadt nicht dulden, und das wird die Stadt nicht dulden - das haben die 20 000 vor dem Sendlinger Tor gezeigt.

Kommende Woche hat in München "Nathan der Weise" Premiere, als ungewollte, aber ideale Fortsetzung der "München ist bunt"-Demo. Ein Klassiker zu Themen wie Toleranz, Religionsfreiheit und Humanismus. Inszeniert wird es am Volkstheater. Man sollte es für eine kurze Zeit umbenennen: in Wir-sind-das-Volk-Theater.

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