Pasing:Unterschriften für Kopfbau

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Eine Sanierung des Kopfbaus an der Pasinger Offenbachstraße kommt aus Sicht der Stadt zu teuer. Eine Initiative im Viertel will den Abriss noch verhindern. (Foto: Stephan Rumpf)

Initiative will Pasinger Bahngebäude vor dem Abriss bewahren

Von Jutta Czeguhn, Pasing

Ende Juli hat die Vollversammlung des Stadtrats den Abriss des Kopfbaus auf dem ehemaligen Stückgutgelände beschlossen. Gegen die Stimmen der Fraktionen Grüne/Rosa Liste, ÖDP und Stadtrat Çetin Oraner (Linke) verwarf die Mehrheit im Gremium das Vorhaben, das 1938 errichtetet Gebäude zu sanieren und zu einem Kulturzentrum auszubauen. Argumentiert wurde mit den Kosten, für die Sanierung würden etwa 4,8 Millionen Euro notwendig, für einen Neubau hingegen nur 2,1 Millionen Euro. Auf lokaler Ebene hatte der Bezirksausschuss vergebens für den Erhalt des Kopfbaus plädiert. Im Viertel hat sich nun eine "Initiative Kultur im Kopfbau" formiert, die Unterschriften für die Rettung des Gebäudes sammelt und den Stadtrat zu einem Umdenken bewegen will. (Abgabe bis 20. September, 18 Uhr, bei Almuth David, Chopinstraße 2)

"Bitte retten Sie dieses historische Gebäude für kulturelle Nutzungen, Pasing braucht dringend Räume für Kulturschaffende!", heißt es in dem Aufruf, der sich an "liebe Nachbarn, Pasinger, Obermenzinger und alle anderen" wendet. Verwiesen wird auf den Siegerentwurf eines Architektenwettbewerbs für das Stückgutgelände, auf dem die städtische Wohnungsbaugesellschaft GWG an die 400 Mietwohnungen errichten will. Die Plänen der Büros Grassinger Emrich Architekten GmbH und Delaossaarchitekten GmbH mit LUZ Landschaftsarchitekten sahen für den Kopfbau neben der geforderten kulturellen Nutzung zusätzlich Räume für Ateliers und Musiker vor. Simon Erber, Mitglied der "Kopfbau"-Initiative und selbst Architekt, bezeichnet im Anschreiben an die Unterzeichner eine Neubaulösung als "unakzentuierte Verlängerung mit minimalistischem Raumangebot", die eine Verachtung gegenüber den Kulturschaffenden zeige. Aus Sicht der Initiative ist klar, dass es der Stadt nur um den nach Abbruch des Kopfbaus frei werdenden Baugrund gehe. Das Kostenargument sei deshalb nachweislich konstruiert. Der Kopfbau sei neben den historischen Pasinger Bahnhofsgebäuden und dem Wasserpumpenhäuschen ein Zeugnis von 175 Jahren Münchner Eisenbahngeschichte, die in diesem Oktober gefeiert werde.

Es gibt in Pasing aber auch kritische Stimmen, die im Kopfbau eine fragwürdige Immobilie aus der Zeit des Nationalsozialismus sehen. Der Gräfelfinger Dieter Püschel etwa wendet sich in einem Brief an das Kulturforum München-West, das die Kopfbau-Initiative unterstützt. Püschel fragt sich, wie viele Gefolgsleuten Adolf Hitlers wohl in dem Bahngebäude ihren Dienst taten, die womöglich aktiv mit dafür gesorgt haben, dass Pasinger Juden 1941 wie "Stückgut nach Litauen deportiert wurden". Sich für die Rettung eines solchen Gebäudes einzusetzen, sei politisch fragwürdig. Und Künstler, mutmaßt Dieter Püschel, hätten "ein feines Gespür für geschichtliche Kontaminierungen von Grund und Boden".

© SZ vom 15.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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