Pasing:Trüber Himmel

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Der Schein trügt: Funktionierendes Licht und eine saubere Passage sind im Wolkentunnel wegen unklarer Zuständigkeiten nicht garantiert. (Foto: Privat)

Radfahrer und Fußgänger lieben den Wolkentunnel am S-Bahnhof. Auch deshalb reagieren Stadtviertelpolitiker ungehalten, wenn sich niemand für dessen Unterhalt, für Reinigung oder fällige Reparaturen zuständig fühlt

Von Jutta Czeguhn, Pasing

Der 19. Juni 2021 war ein besonders düsterer Tag, zumindest muss dies im sogenannten Wolkentunnel am Pasinger Bahnhof der Fall gewesen sein. Nein, dort an den Wänden der 156 Meter langen Unterführung haben sich keine bedrohlichen Cumuli aufgebauscht. Viel mehr waren an der Decke 66 der insgesamt 86 Leuchtstofflampen ausgefallen. Das geht zumindest aus einem gemeinsamen Antrag von Freien Wählern/ÖDP und Grünen im Bezirksausschuss hervor. Ein ziemlich zorniger Antrag, in dem Verärgerung aus jeder Zeile spricht. Sie richtet sich sowohl gegen die Landeshauptstadt München als auch das DB-Bahnhofsmanagement, denn so richtig erschlossen hat sich den Stadtteilpolitikern bis heute nicht, knapp zehn Jahre nach Eröffnung, wer eigentlich zuständig ist für den Unterhalt des beliebten Tunnels. Korrespondenzen mit den Beteiligten legen bislang ein Buchbinder-Wanniger-Prinzip nahe.

"Sieben Flieger" haben die Künstlerinnen Sabine Haubitz und Stefanie Zoche ihr Werk aus 7500 Fliesen getauft, mit dem sie sich bei einem von der "Kommission für Kunst am Bau und im öffentlichen Raum" ausgeschriebenen Wettbewerb durchsetzten. Viele Tage hatten die beiden in 2300 Meter Höhe auf dem Mittenwalder Steig zugebracht, auf der Jagd mit der Kamera nach besonderen Wolkenformationen, in denen dann bei näherem Studium auch Flugzeuge zu entdecken waren. Wer nachzählt, kommt nur auf sechs, der siebte, so die Idee der Künstlerinnen, das sei jeder Radler oder Fußgänger, wenn er sich mit einem Gefühl des Schwebens durch dieses weißblaue Wunder bewege. Die Pasinger und mit ihnen auch Besucher von außerhalb mögen ihren Wolkentunnel sehr, der auch etwas wie ein Vermächtnis geworden ist von Sabine Haubitz, die im Jahr 2014 bei einer Skitour im Engadin tödlich verunglückte.

So viel Freude man also an dem mehr als 100 000 Euro teuren Tunnel habe, so ärgerlich ist aus Sicht der Stadtteilpolitiker, dass die Zuständigkeiten, was seine Pflege betrifft, sich nie haben verbindlich klären lassen. Das betreffe, so Constanze Söllner-Schaar (SPD), auch die regelmäßige Reinigung der Kacheln, auf die die Fotografien in einem speziellen Digitaldruckverfahren aufgebracht und eingebrannt wurden. Ihre Anti-Graffiti-Beschichtung lässt sich zwar "wie ein schmutziger Teller abwaschen. Aber das muss halt jemand machen. Lange Jahre habe sich Ex-BA-Mitglied Evelyn Lang der Sache angenommen, so Söllner-Schaar.

Schmutz sei das eine, noch gravierender aber erachten die Antragsteller die Frage der Verkehrssicherheit im Tunnel. Schließlich sei er einer der am stärksten frequentierten Radler-Hauptrouten im Münchner Westen und wichtiger Zugang zu den Bahnsteigen von Bayerns drittgrößtem Personenbahnhof. Bereits im vergangenen März begann wegen der Beleuchtungsmängel die Korrespondenz der BA-Fraktionen mit dem Bahnhofsmanagement und dem Baureferat der Stadt. Bis heute stünde eine Antwort aus, offenbar fühle sich niemand zuständig, kommen die Antragsteller zu dem Schluss und fordern die Stadt und das Bahnhofsmanagement nun explizit zum Handeln auf.

Allerdings muss jenseits aller Brief- beziehungsweise E-Mailwechsel mittlerweile irgendjemand doch eine Einsicht gehabt haben. Bei einem Lampencheck dieser Tage leuchten die Wolken regelrecht, bestrahlt von 80 Lampen. Nur sechs sind derzeit erloschen.

© SZ vom 19.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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