Pasing:Theresienstadts Kinder

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(Foto: Gedenkstätte Theresienstadt/oh)

Die Oper "Brundibár" in der Pasinger Himmelfahrtskirche

Von Jutta Czeguhn, Pasing

Die Kinder im Publikum blicken seltsam ernst und angespannt, während sich auf der Bühne doch etwas Heiteres, Schönes abspielt. Als durchschauten sie die große Lüge, die Propaganda-Show, an der teilzunehmen sie gezwungen sind. Im Nazi-Film "Theresienstadt" gibt es eine Sequenz, in der die Abschlussszene der Kinderoper "Brundibár" zu sehen ist. Einer Delegation des Internationalen Roten Kreuzes, die im Frühjahr 1944 ins Ghetto kam, sollte mit dem Vorführen der Kinder wie Tanzbären Theresienstadt als "Musterlager" vorgegaukelt werden. Kurz nach der Fertigstellung des Films wurden Hans Krása, der Komponist von "Brundibár" und ein großer Teil der mitwirkenden Kinder deportiert, viele von ihnen nach Auschwitz. Die wenigsten überlebten, Komponist Krása wurde am 17. Oktober 1944 ermordet.

Zum Gedenken an den 75. Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz kommt "Brundibár" am Samstag, 18. Januar, 16 Uhr, in der Evangelischen Himmelfahrtskirche, Marschnerstraße 3, zur Aufführung. Das Kulturforum München-West konnte dazu den Kinderchor der Bayerischen Staatsoper und Mitglieder des Bayerischen Staatsorchesters gewinnen, die Leitung hat der Chordirektor der Staatsoper, Stellario Fagone. Außerdem wird das Shalom-Ensemble München die Serenade für Flöte und Streichtrio von Paul Ben-Haim spielen.

Hans Krása (1899-1944) war Schüler von Alexander von Zemlinsky; er bewegte sich in der Prager Bohème, war unter anderem mit Max Brod befreundet. Er gilt als aufstrebender Komponist neuer tschechischer Musik, steht vor seinem internationalen Durchbruch, als die Deutschen 1939 in der Tschechoslowakei einmarschieren. Krása, der aus einer tschechisch-jüdischen Familie stammt, erhält Berufsverbot. Seine Kinderoper "Brundibár" hat er bereits 1938 komponiert. Ende 1942 wird sie erstmals im jüdischen Kinderheim in Prag von Rudolf Freudenfeld einstudiert und aufgeführt, ohne dass Krása davon Kenntnis hat. Er war bereits im August nach Theresienstadt deportiert worden. Freudenfeld landet in Theresienstadt, schafft es, einen Klavierauszug der Kinderoper ins Ghetto zu schmuggeln. So kann Krása sein Werk überarbeiten, und "Brundibár" kommt im September 1943 in Theresienstadt zur Aufführung. Über 50 Mal spielen sie die Geschichte der Geschwister Pepíček und Aninka, die den bösen Leierkastenmann Brundibár mit Hilfe kluger Tiere überlisten und verjagen. Am Ende singen sie die Hymne: "Ihr müsst auf Freundschaft bauen, den Weg gemeinsam gehen, auf eure Kraft vertrauen und zueinanderstehen..." In permanent wechselnder Besetzung, denn viele der Darsteller werden in Vernichtungslager deportiert.

Karten zum Preis von 20 Euro für Erwachsene und 5 Euro für Schüler und Studenten (zuzüglich Vorverkaufsgebühr), sowie kostenlose Karten für Kinder unter 14 Jahren gibt es unter www.muenchenticket.de.

© SZ vom 02.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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