Pasing:Schäferwagendorf vor dem Aus

Lesezeit: 2 min

Das Sozialprojekt, das Münchner Kindern aus einkommensschwachen Familien Ferien auf dem Land angeboten hat, findet keinen neuen Platz. Die Verwaltung sieht sich außerstande, der als vorbildlich gelobten Initiative zu helfen

Von Pauline Stahl, Pasing

Die Pasingerin Pia Novak steht mit ihrem Feriendorf "Entdeckerdorf Muck" vor dem Aus. Mit dem Sozialprojekt des gemeinnützigen Vereins "Muck" hat sie einkommensschwachen Familien die Möglichkeit angeboten, sich auf dem Land vom Stadtleben zu erholen. Nun muss Novak ihre Schäferwagen verkaufen. Denn obwohl sie schon die Zusage für einen Platz auf Gut Schorn hatte, kam aus heiterem Himmel eine Absage von Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). "Ich sehe leider keine Möglichkeit, weiter bei der Suche nach einem Standort für das Projekt behilflich zu sein", wird darin Kommunalreferentin Kristina Frank, zuständig für die Stadtgüter, zitiert. Als Begründung dient in dem Brief der Paragraf 35 "Bauen im Außenbereich" des Baugesetzbuchs. Bei dem Feriendorf handle es sich schlicht und einfach nicht um ein Vorhaben, welches unter diese gesetzliche Regelung fallen würde. "Unser Feriendorf ist aber kein Bauwerk", sagt Novak. Ihrer Meinung nach würde das Baurecht also auch Spielräume lassen.

In dem Schreiben heißt es weiter, auch innerhalb der Stadtgrenze könne Frank kein geeignetes Grundstück vorschlagen. Und das, obwohl die Kommunalreferentin das Sozialprojekt als "vorbildlich" bezeichnet. Dass es an freien Flächen mangelt, kann sich Novak nicht vorstellen: "Ich finde diese Begründung überhaupt nicht nachvollziehbar." Sie sei sicher, dass die Stadt genug geeignete Grundstücke habe. Kosten würden dabei für die Stadt nicht anfallen. Denn das gesamte Projekt werde über Spenden finanziert, eine Stiftung übernehme die Pacht.

Das Sozialprojekt wandte sich speziell an Kinder aus einkommensschwachen Familien. (Foto: Privat)

In dem Brief des Oberbürgermeisters stolpert Pia Novak vor allem über die Formulierung, er wünsche ihr "für die Suche nach einem geeigneten Standort, an dem Sie Ihre Pläne und Ideen verwirklichen können, viel Erfolg". Bei dem Projekt scheitere es nicht an der Ausstattung oder Durchführung. "Es irritiert mich, dass Herr Reiter hier fiktiv von der Zukunft und von Plänen spricht." Schließlich sei das Projekt doch schon fast zwei Jahre lang erfolgreich gelaufen.

Das "Entdeckerdorf Muck", das Novak im Juli 2016 eröffnet hat, war ein voller Erfolg. Für die Initiative für Stadtkinder, deren Eltern sich keinen teuren Urlaub leisten können, begann sie zirka ein Jahr vorher via Crowdfunding Geld zu sammeln. 17 000 Euro von zirka 90 Unterstützern sind dabei zusammengekommen. Mit dem Geld konnte Novak drei unterschiedlich große Schäferwagen anfertigen lassen, in denen die Gäste aus der Stadt günstig übernachten konnten. 15 bis 32 Euro kostete eine Nacht für einkommensschwache Besucher. Normalverdiener zahlten 25 bis 60 Euro, je nach Größe des Wagens.

Dann jedoch musste das Feriendorf seinen Standort, einen Jugendzeltplatz in Königsdorf, verlassen. "Das Gebiet war wunderschön", sagt Novak. "Dann kamen aber regelmäßig große Pfadfindergruppen." Das Zusammenleben mit den jugendlichen Nachbarn ließ sich nicht mit der Philosophie des Feriendorfs verbinden. Statt Ruhe, Vogelgezwitscher und Natur, beschallte nun laute Technomusik von großen Bühnen den Zeltplatz bis tief in die Nacht.

Die Stadtgüter München boten Novak daraufhin das Gut Schorn in Aichach-Friedberg als neue Bleibe an. Ein weiter und vor allem kostspieliger Umzug. "Wir haben uns dafür in Unkosten gestürzt", sagt Novak. Ende Januar wurde die Zusage plötzlich zurückgenommen - umgezogen war das Feriendorf da schon. "Wir haben wirklich nicht damit gerechnet."

Auf SZ-Anfrage, wie es dazu kam, wollte sich das Kommunalreferat nicht äußern. Noch stehen die Schäferwagen auf Gut Schorn. Nur weil Novak den Verkauf angekündigt hat, konnte sie eine Räumung Ende April verhindern. "Jetzt dürfen wir die Wagen bis zum Verkauf dort stehen lassen", sagt sie. Eine terminliche Frist gebe es nicht.

Mittlerweile hat Novak schon viele Hofbesitzer angesprochen - ohne Erfolg. Viel Fläche bräuchte das Feriendorf nicht. Anstatt der 1000 Quadratmeter, die es bisher zur Verfügung hatte, würde Novak schon die Hälfte der Fläche reichen. "Jetzt haben wir alle Möglichkeiten ausgeschöpft, und es steht nur noch der Verkauf an." Für Novak macht es den Eindruck, als hätte die Gesellschaft für ein Sozialprojekt wie ihr Feriendorf einfach keinen Platz mehr.

© SZ vom 14.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: