Pasing:Reinheitsgebot im Unterricht

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Schüler des Max-Planck-Gymnasiums brauen seit drei Jahren in einem P-Seminar ihr eigenes Bier

Von Katharina Eichinger, Pasing

Phillip lässt einen Tropfen Jod in die Probe des erwärmten Malz-Wasser-Gemischs fallen, die er gerade entnommen hat. Die trübe Flüssigkeit verfärbt sich schwarz. "Warum klappt das denn nicht?", fragt Wolfgang Dukorn seine Schüler. Auch sie blicken ratlos auf die eierbecherähnlichen Schälchen. Eigentlich müsste die Flüssigkeit die gleiche Farbe wie Jod haben. Anselm hat eine Idee: Vielleicht zeigt das neue Thermometer eine falsche Temperatur an.

Eine typische Szene aus dem P-Seminar "Bier brauen" am Max-Planck-Gymnasium (MPG) in Pasing. 18 Oberstufenschüler brauen hier ihr schuleigenes Bier: das "Planck'sche Gold". Den Kurs gibt es seit 2012. Dukorn, der das Seminar unterrichtet, und Schüler Anselm schätzen, dass sie seit Beginn zwischen 800 und 1000 Litern verkauft haben - an Oberstufenschüler, Lehrer und Eltern. Außerhalb der Schulfamilie dürfen sie ihr Bier nicht verkaufen. Anselm hat bereits Abitur gemacht, ist seiner Schule aber treu geblieben und kommt noch immer regelmäßig ins MPG, um beim Brauen zu helfen. Denn es gibt ein Problem: "Alle anderthalb Jahre wechselt das Personal", sagt Anselm. Die, die sich gerade mit dem Prozess vertraut gemacht haben und sich auskennen, verlassen die Schule. "Wir versuchen, die Übergänge fließend zu gestalten und unser Wissen weiter zu geben", sagt der Schüler. Deswegen hilft er.

Seit 7 Uhr stehen Anselm und drei weitere Schüler im "Lebensmittelerzeugungsraum" - den teilen sie sich mit dem Imkerseminar. Die ersten Versuche vor drei Jahren fanden noch im Klassenzimmer statt, dann bekam der Kurs, der an die Fächer Biologie und Chemie angelehnt ist, den neuen Raum. Acht Wochen vor dem Verkauf des Biers müssen sie mit dem Brauen beginnen. So wie an diesem Tag. Ihre erste Tat ist das Schroten der Malzkörner, die dann mit Wasser vermischt werden. Je nach Härtegrad schmecke das Bier dann unterschiedlich, erklärt Anselm. Stufenweise wird die Malz-Wasser-Mischung erhitzt, dabei wird die Stärke aus dem Korn herausgelöst und in Zucker zerlegt.

Immer wieder machen die Schüler einen Jodtest. Sie vermischen eine Probe der Flüssigkeit mit Jod. Bleibt sie in der gleichen Farbe wie das Jod, ist die Mischung verzuckert. Ist sie schwarz, ist sie noch nicht fertig. Als Anselm das neue mit dem alten Thermometer vertauscht, ist klar, wo der Fehler liegt. Es zeigt plötzlich eine viel zu niedrige Temperatur an. "Never touch a running system", sagt er. Der Abiturient setzt auf Altbewährtes. "Wenn irgendwo ein kleiner Fehler passiert, kann es sein, dass es drei Stunden länger dauert." Wie im echten Leben.

Während die Schüler brauen, sind immer nur drei bis vier Leute im Raum. Es ist wenig Platz, die Schüler arbeiten immer daran, den Prozess zu optimieren. Sie kommen zurecht. Nebenan ist der Lagerraum. Fässer und Malzsäcke stapeln sich, daneben liegen Bücher zum Thema Bierbrauen: "Hier herrscht immer so ein geordnetes Chaos", sagt Anselm und zeigt auf einen Stapel Papiere. Er hat den Überblick.

Nachdem die Malz-Wasser-Mischung verzuckert ist, kommt sie in den Läuterbottich, auf dessen Boden ein Sieb ist. Immer wieder wird heißes Wasser nachgegossen, bis die ganze Würze herausgelaufen ist - eine klare bernsteinfarbene Flüssigkeit. Im Anschluss geben die Schüler der Würze Hopfen hinzu und kochen sie, um das Getränk haltbar zu machen und Keime abzutöten. Es gebe verschiedene Hopfensorten, sagt Anselm und zeigt drei Beutel aus Plastik, in denen sich schlammfarbene Kügelchen, kleiner als Kieselsteine, befinden. "Mit dem Hopfen ist es wie beim Tee: Je länger man kocht, desto mehr Bitterstoffe bilden sich", erklärt Anselm dazu, wie sich der Geschmack des Bieres verändert.

Momentan verkaufen die Schüler Export und Weißbier auf ihren Schulfesten, doch sie wollen Neues ausprobieren und experimentieren. Auch Dukorn möchte das Seminar vorantreiben. In diesem Schuljahr entwerfen die Schüler zusammen mit der FOS/BOS in Unterschleißheim Etiketten für ihr Bier. Bisher füllten sie es in Fünf-Liter-Fässer oder Blanko-Flaschen ab. Dukorns langfristiges Ziel ist, die Brauerei als Firma für Schüler aufzuziehen, bei der sie sich auch um Finanzen selbst kümmern müssen. Anselm findet die Idee gut: "So lernen Schüler was fürs Leben."

Walter Scharl, Direktor des Gymnasiums, sieht auch den wissenschaftlichen Aspekt. "Wir machen das nicht, damit wir Bier trinken, sondern, damit man lernt, wie es gemacht wird", sagt er, und: "In einer Stadt wie München ist es wichtig, dass man sieht, wie das Nationalgetränk hergestellt wird." Von Schülern, die aktiv bei solchen Projekten mitmachen, werde auch das Schulleben getragen.

Wenn der Hopfen lange genug mitgekocht hat, kühlen die Schüler das Getränk auf etwa 20 Grad herunter und fügen die Hefe hinzu. Später kommt die Flüssigkeit in ein luftdicht verschlossenes Fass. Dann, nach der Lagerung, ist das Bier fertig zum Verkauf. Der nächste Braugang am MPG kann beginnen.

© SZ vom 24.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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