Pasing:Fast nur Lobeshymnen zur Premiere

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Ein Hotel mit Bar und Premiumblick, Gastronomie und gleich zwei Lebensmittel-Filialisten: Nach drei Jahren Bauzeit eröffnet das neue Geschäftsgebäude, das am Marienplatz wie ein Magnet auf das Publikum wirken soll

Von Jutta Czeguhn, Pasing

"Allein dieses Fenster spricht für die Lage", sagt Tim Friedrich, mit raumgreifender Geste deutet er hinunter auf den Pasinger Marienplatz, der sich von hier oben, aus der Lobby des Boutique-Hotels Miano, erstaunlich urban gibt. Der Direktor des 133-Betten-Hauses steht noch inmitten einer Baustelle an der künftigen Bar und träumt sich die Eröffnung herbei: "Ich würde einfach mal sagen, 1. Mai wollen wir starten." Das Drei-Sterne-Hotel liegt im Obergeschoss des sogenannten Magneten, den die Menschen in Pasing drei Jahren lang nur als dröhnende Riesenbaustelle am historischen Stadtplatz des Viertels kannten Seit diesem Donnerstag ist das Gebäude mit der markanten Fassade aus geschlämmten Ziegeln, die sich über die Dachflächen fortsetzen, lebendig wie ein Ameisenhaufen. Edeka und Lidl haben eröffnet und locken mit Luftballons und Sonderangeboten. Zwischen den Erstkunden und Handwerkern steht Investor Martin Bucher, sichtlich stolz.

Große Erwartungen: Bauherr Martin Bucher (2. von rechts) mit Marktleitern und Vertretern aus der Politik. (Foto: Yoav Kedem)

Leicht hat es der Geschäftsführer der Bucher Properties GmbH nicht gehabt mit diesem Projekt. Der Eröffnungsentourage, die sich mitten im Shopping-Gewimmel eingefunden hat und zu der auch Kommunalreferentin Kristina Frank (CSU) gehört, zählt Bucher noch einmal alle Hürden auf, die er umschippern musste. So hatte die Stadt ihr Grundstück 2014 ausgeschrieben, mangels Interessenten die Ausschreibung zunächst zurückgezogen.

Bucher hatte sich damals erst gar nicht beworben, weil ihm die Vorgaben schwer umsetzbar erschienen. Im zweiten Anlauf klappte es schließlich mit dem Deal, Bucher unterschrieb den Kaufvertrag 2015. Bei einem Realisierungswettbewerb setzten sich dann die Architekten vom Büro Auer Weber durch, die in ihrem Entwurf auf den Wunsch von Stadtbaurätin Elisabeth Merk (SPD) eingingen und diesem Gebäude nun seine ganz spezielle Dramaturgie beschert haben: Die Fassade, die sich in den ausdrucksstarken gefalteten Dachflächen fortsetzt. Banale Investorenarchitektur, wie man sie auch an zentralen Stellen in München findet, sieht anders aus. Zudem verzichtet der Bau trotz seiner Größe auf Effekthascherei und geht Beziehungen ein zu den Gründerzeitgebäuden am Marienplatz.

Edeka und Lidl haben eröffnet und locken mit Luftballons und Sonderangeboten. (Foto: Yoav Kedem)

So gab es dann auch ausdrückliches Lob für diese ambitionierte Art des Bauens von Frieder Vogelsgesang (CSU). Der örtliche Bezirksausschussvorsitzende ist schließlich selbst Architekt und sprach von einem "wahnsinnig gelungenen Projekt". Aus politischer Sicht aber gab sich Vogelsgesang weniger euphorisch. Die zentrale, spannende Frage sei nun, welche Wirkung das Gebäude entfalten werde. Er erinnerte daran, dass ein Gutachten einst sehr klar dazu geraten habe, bei der Sanierung des Pasinger Zentrums am Marienplatz zu beginnen. Dort müsse ein Magnet hinkommen, damit das Viertel nicht "ausdörrt". Bekanntlich sei dann alles komplett anders gekommen, der Marienplatz wurde zum letzten Baustein aller großen Pasinger Sanierungsprojekte. Und mit dem Bau der Arcaden habe sich das Geschäftsleben in Windeseile Richtung Bahnhof verlagert. "Ich bin mir nicht ganz sicher, wie weit ein Lidl oder Edeka hier für Fluktuation im ganzen Zentrum werden sorgen können", sagte Vogelsgesang, wobei er aber den anwesenden Marktleitern alles Gute wünschte. Ursprünglich hatten sich Pasings Stadtteilpolitiker ein anderes Sortiment gewünscht, das Kunden mit einem Traktorstrahl zum Marienplatz ziehen sollte, ein Möbelgeschäft etwa, Elektro- oder Sportartikelhandel.

Hoteldirektor Tim Friedrich muss noch etwas warten. (Foto: Yoav Kedem)

Zumindest am Eröffnungstag wirkte der Marienplatz belebt wie selten in den vergangenen Jahren - und das trotz Pandemie. Das neue, noch nicht ganz fertiggestellte Geschäftsgebäude entfaltete also schon mal einen gewissen Magnetismus mit den Einzelhandels-Mietern Edeka und Lidl, die sich rund 6260 Quadratmeter Fläche mit einer noch geschlossenen Filiale der L'Osteria teilen. Gastronomie wird es, nach dem Verschwinden der alten Pasinger Post und der Schließung des Confetti, künftig wohl wieder reichlich geben. So es die Pandemielage erlaubt, wird das Confetti als Cotidiano gleich neben dem Magneten wieder aufleben. Im historischen Kopfmillerhaus wird ein italienisches Restaurant aufmachen und seine Pizza auf der Piazza unter strengen Auflagen auftischen dürfen. Auch parken wird man in diesem Teil des Pasinger Zentrums künftig können. Unter dem neuen Geschäftshaus liegt eine öffentliche Tiefgarage mit 150 Stellplätzen, die schrankenlos mit Kennzeichenerkennung arbeitet. Mit Bargeld kann man dort allerdings nicht bezahlen.

© SZ vom 09.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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