Dass eine Frau in der CSU Schlagzeilen vor einem Bezirksparteitag auslöst, kommt eher selten vor. Dass diese Frau nicht einmal für ein wichtiges Amt kandidiert und auch sonst wohl keine größere Rolle spielen wird, macht die Aufregung der vergangenen Woche noch außergewöhnlicher. An sich hatte die Parteispitze in München für diesen Montag einen ruhigen Abenderwartet, an dem die komplette Führungsriege bei Neuwahlen bestätigt werden sollte. Doch der Kampf der Landtagsabgeordneten Mechthilde Wittmann ums politische Überleben heizt die Stimmung so an, dass der Bezirksparteitag für den Vorsitzenden Ludwig Spaenle wohl nicht ganz so entspannt wird.
Wittmann spaltet die CSU, nicht nur in München. Ihr wohlgesonnene Mitglieder, zu denen auch Parteichef Horst Seehofer gehört, loben ihren scharfen Verstand, ihre Eloquenz und ihre sachlich fundierte Arbeit. Ihre Gegner, zu denen die Münchner Parteispitze nahezu komplett zu zählen ist, halten sie zwar auch für talentiert, aber gleichzeitig für übemäßig ehrgeizig , sie lasse sich in keine Struktur verlässlich einbinden. Ihre liebsten drei Parteifreunde sei sie selbst, dann sie selbst und nochmals sie selbst. Wittmann muss deshalb sehr konkret fürchten, dass sie für die Landtagswahl 2018 keinen Stimmkreis mehr erhält und damit ihre politische Karriere abrupt endet.
Krach im CSU-Kabinett:Spaenle und Kreuzer schließen Frieden auf Kommando
Die zwei Streithähne kommen der Forderung ihres Chefs nach und vertragen sich von sofort an wieder bestens. Ob die von Seehofer erhoffte Ruhe einkehrt, wird in der CSU bezweifelt.
Ein deutliches Zeichen waren jüngst die Vorstandswahlen in ihrem Kreisverband. Sie wollte Joachim Unterländer, der nicht mehr antrat, als Chefin nachfolgen, wurde jedoch so scharf ausgebremst, dass sie nicht einmal zur Wahl antrat. Für überregionales Aufsehen sorgte der Fall Wittmann, als es zu einem Zusammenprall kam zwischen ihrem Lebenspartner Thomas Kreuzer, immerhin Fraktionschef der CSU im Landtag, und Ludwig Spaenle, der nicht nur CSU-Bezirkschef ist, sondern auch Kultusminister.
Die Nachwehen des Krachs dürften auch den Montagabend prägen - auch wenn die Münchner Spitzen-CSUler Ruhe an der Front als oberstes Motto ausgeben. Die Ergebnisse bei der Wiederwahl würden weder bei Spaenle noch seinem Stellvertreter Georg Eisenreich deshalb schlechter ausfallen. Hinter den Kulissen wird wohl entsprechender Druck gemacht. Der engere Parteivorstand trete komplett wieder an und werde mit solidem Ergebnis gewählt, heißt es. In jedem Fall soll vermieden werden, dass die Münchner CSU wieder in den Ruch der Chaostruppe kommt, der ihr jahrzehntelang aus guten Gründen anhaftete - und in der Partei außerhalb Münchens noch immer anhaftet.
Auch in München finden sich Stimmen, die Spaenle und vor allem Eisenreich einen ziemlich ruppigen Führungsstil bescheinigen. Wer nicht mitziehe, werde kalt gestellt. An Posten kämen nur der Spitze genehme Mitglieder. Der Großteil der Mandatsträger in der Stadt zeigt sich allerdings sehr zufrieden mit der Parteispitze. Die habe nach den Affären aufgeräumt, und so habe die CSU immerhin den Sprung an die Stadtregierung geschafft. Bürgermeister Josef Schmid leiste im Rathaus gute Arbeit, die CSU stehe in München so gut da wie lange nicht mehr.
Die Frage wird sein, ob nach Bundes- und Landtagswahl wieder zwei Posten in Seehofers Kabinett herausspringen - und ob sie wieder an Spaenle und seinen Staatssekretär Eisenreich gehen. Seehofer hat sich mehrmals kritisch über Spaenles Arbeit bei der Neuorganisation des Gymnasiums geäußert. Und Eisenreich hat sich sehr früh und sehr unmissverständlich für Markus Söder als nächsten Ministerpräsidenten im Jahr 2018 ausgesprochen. Seehofer tritt nun selbst wieder an, und der traut offenbar auch Wittmann einen Posten im Kabinett zu.
Auch CSU-Vize-General Markus Blume, Landtagsabgeordneter im Münchner Osten, genießt bei Seehofer Ansehen und empfiehlt sich für Höheres. Es gibt mehr Ambitionierte, als es Posten gibt, und auch wenn der Parteitag am Montag davon nur gestreift würde: Der Verteilungskampf fängt gerade erst an.