Sicherheit auf dem Oktoberfest:Die App, dein Freund und Helfer

Lesezeit: 2 min

So sieht sie aus: Eine neue App soll das Oktoberfest sicherer machen. (Foto: Robert Haas)

Mit "SafeNow" können Wiesnbesucher im Schottenhamel-Festzelt dieses Jahr per Smartphone einen Security-Mitarbeiter zu Hilfe holen. Die App soll bald auch in verschiedenen Clubs und Bars in der Stadt funktionieren.

Von Laura Kaufmann

Nicht immer, aber manchmal ist ein tragisches Ereignis der Auslöser für etwas Gutes. Tilman Rumlands Exfreundin wurde auf einer Clubtoilette von zwei Männern sexuell missbraucht. Sie hatte keine Möglichkeit, Hilfe zu holen. Obwohl zehn Meter Luftlinie entfernt von ihr ein Security-Mitarbeiter des Clubs stand.

Die Ohnmacht, die er nach dem Vorfall verspürte, brachte Tilman Rumland ins Grübeln. Wie konnte es sein, dass ein Mensch, der Hilfe benötigt, und ein Mensch ganz in der Nähe, der dafür bezahlt wird, in solchen Vorfällen zu helfen, nicht zueinander finden? Und Rumland entwickelte "SafeNow".

Newsletter abonnieren
:München heute

Neues aus München, Freizeit-Tipps und alles, was die Stadt bewegt im kostenlosen Newsletter - von Sonntag bis Freitag. Kostenlos anmelden.

Im letzten Jahr ist die App, die Hilfesuchende mit Helfenden verbindet, als Pilotprojekt im Club Harry Klein gestartet. Nicht ohne Stolz präsentiert die zweite Bürgermeisterin Katrin Habenschaden (Grüne) mit den Verantwortlichen die Ergebnisse. "Für mich persönlich ist es ein echtes Herzensthema", sagt sie. München sei prinzipiell sehr sicher, "aber große Feste und das Nachtleben sicherer zu machen, ist ein echtes Anliegen." Und so wird das Anwendungsgebiet der App nun in größerem Stil getestet, in den Clubs am Maximiliansplatz zum Beispiel und im Schottenhamel-Festzelt auf dem Oktoberfest.

Die App ist sehr bedienungsfreundlich: Einmal installiert, kann mit einem langen Drücken und Loslassen eines Punkts auf dem Display Hilfe kontaktiert werden. In einem Oktoberfestzelt, im Club oder auf einem Fest ist das der nächste Security-Mitarbeiter. Der bekommt einen Alarm auf sein Gerät und sieht die Position des Auslösenden. Dabei geht es nicht immer um Belästigung oder Schlägereien, sondern auch niedrigschwelligere Probleme: Medizinische Vorfälle, Kreislauf, ein junger Mensch, der seine Gruppe verloren hat, vielleicht alkoholisiert ist und sich nicht mehr zurecht findet. Alle möglichen Ereignisse, bei denen man analog auch einen nahen Security-Mitarbeiter um Hilfe bitten würde. Auch innerhalb einer Gruppe oder Familie lässt sich die App nutzen und im Notfall ein Alarm an einen oder alle anderen Teilnehmer senden.

Helfer und Hilfesuchende werden nach dem Tinder-Prinzip gematcht

"Smart Local Matching" heißt das Prinzip. So funktioniert beispielsweise Tinder für die Liebe oder Volt für Hungrige. Tilman Rumland hat mit SafeNow nun das für ihn überfällige Thema Sicherheit damit besetzt. In elf Sprachen gibt es die kostenlose App schon, in den letzten zwei Monaten wurde sie über 100 000 mal heruntergeladen.

Die Kosten tragen die Anbieter: Christian Schottenhamel etwa, der nun für Großveranstaltungen den Nockherberg hat ausstatten lassen und - als Probelauf, eine Ausweitung auf alle Wiesnzelte bei Erfolg sei denkbar - das Schottenhamel-Festzelt. In Gebäuden mit mehreren Räumen und Stockwerken werden sogenannte "Beacons" installiert, die genau lokalisieren, woher der Hilferuf kommt. Außerdem können an strategischen Punkten, in einem Club etwa unter der Bar oder am DJ-Pult, Notruf-Knöpfe installiert werden, die Alarm auslösen.

Das Harry Klein etwa hatte die App sechs Monate lang getestet: In einem Fall löste die DJ vom Pult aus den Alarm, ohne ihr Set zu unterbrechen, weil sie beobachtet hatte, wie auf der Tanzfläche eine Frau belästigt wurde. Innerhalb von 40 Sekunden war der Mann von Security-Mitarbeitern aus dem Club geworfen worden. Auch die Deutsche Bahn testet das System, momentan wird der Hamburger Hauptbahnhof mit Beacons ausgestattet. Ab sofort und bis Ende des Jahres werden in München nach und nach die 089Bar, das Pacha, Call me Drella und auch der Park am Maximiliansplatz als SafeNow-Zone eingerichtet.

Nachdem der Nockherberg mit Beacons versehen war, dachte sich Wiesnwirt Christian Schottenhamel: Für sein Festzelt wäre das doch auch etwas. Eine Bedienung etwa, die vom Gast belästigt wird, kann sofort einen Security-Mitarbeiter rufen. Und natürlich auch die Gäste. Ob sie nun selbst Hilfe brauchen oder etwas beobachten. Das Schottenhamel-Festzelt ist bei jungen Münchnern beliebt, da besteht die Chance, dass viele vor ihrem Wiesnbesuch von der App erfahren. "Wir wünschen uns, dass sich die Gäste bei uns sicher fühlen", sagt Christian Schottenhamel. SafeNow wird seinen Teil dazu beitragen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusSexismus im Bierzelt
:"Wenn es abends voll wird, dann ist es nur noch eklig"

Zeltbesucher nötigen Küsse auf, Hände landen dort, wo sie nicht hingehören: Bedienungen berichten, wie übergriffig es auf dem Oktoberfest zugeht.

Protokolle von Katharina Haase und Lisa Sonnabend

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: