Oktoberfest:Wenn man den Absprung verpasst

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Kettenkarussell oder Autoscooter? Die entscheidende Frage, wenn die Bierzelte mal wieder zu früh schließen. (Foto: Jakob Berr)

Die Wiesn geht zu arbeitnehmerfreundlichen Uhrzeiten zu Ende. Eigentlich. Aber dann gibt es diese Abende, an denen das Bier die Vernunft aus dem Kopf spült.

Wiesn-Kolumne von Laura Kaufmann

Es wäre ein guter Zeitpunkt, einfach nach Hause zu gehen, wenn die Bedienungen die Bänke hochklappen. Das Schöne an der Wiesn ist für den Einheimischen, dass er nach der Arbeit entspannt auf ein Hendl und ein, zwei Mass im Biergarten Platz nehmen kann, wo er dieses Jahr immer auch ein freies Plätzchen findet. Um, wenn die Lichter ausgehen, leicht bierselig heim ins Bett zu stolpern. Dort geht sich noch ein entspannter Schönheitsschlaf aus, bevor der Wecker wieder klingelt.

Das ist die schöne Theorie. Nur in der Praxis gehen dann mindestens einmal doch die Lichter viel zu früh aus in den Zelten. Gefühlt haben sich gerade erst alle gemeinsam auf ein Euphorie-Hoch gegrölt und liegen sich trunken glücklich in den Armen. Soll es denn wirklich schon zu Ende sein?

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Zum Glück gibt es die bunt blinkende Schaustellerstraße, die für ein weiteres Stündchen Bespaßung gut ist. Jetzt muss sich nur noch geeinigt werden, was gefahren werden soll: Autoscooter? Das hohe Kettenkarussell? Nein, Autoscooter! Halt, wo sind die anderen? HALT! Wir haben die anderen verloren!

Während also alle suchend über die sich leerenden Straßen irren - einer isst immer gerade eine Ochsenfetzensemmel, einer will immer gerade eine Toilette suchen gehen und einer hat sich heimlich schon Richtung U-Bahn abgesetzt - fangen doch tatsächlich die ersten Fahrgeschäfte an, eine letzte Runde auszurufen, und dabei sollte es doch noch ins Teufelsrad gehen! Wie ist es denn nur wieder so spät geworden? Sogar die Schnapsstände fahren ihre Rollläden herunter. Traurig.

Es ist also zu Ende, das Fest auf der Theresienwiese. Finito. Und das wäre ein zweiter guter Zeitpunkt, um einfach nach Hause zu gehen. Denn es ist immer noch so früh, dass der Schlaf bis zum Weckerklingeln ausreichen würde, wenn man denn nicht gerade Frühdienst hat oder Bäckermeister ist. Nichts ist mehr zu tun, das Klirren der gekickten Scherben hallt zwischen den Buden. Von weither tönt noch gedämpft "Tatütata, Tatütata" aus dem Weinzelt, aber zu so vielen, das wird jetzt eher nichts mehr mit dem Einlass.

"Zieh nicht weiter!" heißt eines der großen Wiesngebote. Es gibt diese vielen Abende, an denen die Vernunft siegt. Und es gibt mindestens diesen einen Abend, an dem das Bier sich hartnäckig Mühe gibt, die Vernunft aus dem Kopf zu spülen. Schließlich ist das Substanz zum Beispiel ganz nah, und Eintritt kostet es auch nicht. Sowieso schon wieder viel zu lange nicht mehr im Substanz gewesen, obwohl das doch so ein sympathischer, netter Laden ist. Und ganz kurz tanzen, zu besserer Musik als im Zelt, das würde schon reichen. Wirklich. Dann ist es immer noch nicht spät. Nur ganz kurz!

Stunden später, der Morgen graut. Die letzten Unverbesserlichen stolpern wahlweise aus einer Boazn, in der noch ein paar Rüscherl flossen, oder aus der Wohnung des einen, der sich erbarmte und seine Küche inklusive Vorräte zur Verfügung stellte. Die Kleidung stinkt jetzt nach kaltem Rauch und das Kopfweh setzt schon auf der Rückbank des Taxis ein. Und die letzte, verzweifelte Hoffnung, bevor das Kopfkissen noch für erbarmungslos kurze Zeit gedrückt wird, ist die, dass der Kater, wenn er sich denn jetzt schon bemerkbar macht, morgen früh am Schreibtisch vielleicht nicht mehr gar so hart ausfallen möge.

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