Öffnungsstrategie:Passau geht voran

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Manu Delago ist Meister an einem nicht ganz alltäglichen Instrument: dem Hang. (Foto: Manu Delago)

Im Café Museum sitzt wieder Publikum in den Konzerten

Von Oliver Hochkeppel, Passau

Heureka! Das könnten Paul und Mirja Zauner, Passaus Oberbürgermeister Jürgen Dupper und diverse städtische und staatliche Abteilungs- und Referatsleiter und -mitarbeiter am vergangenen Mittwoch im Chor gerufen haben. Hatten sie doch die Formel gefunden, nach der dank der seit fünf Tagen unter 100 liegenden Inzidenz der Stadt Passau wieder Publikum zu den Konzerten des Jazzclubs im Café Museum eingelassen werden darf. "Ich hab fünf Tage und zuletzt einen kompletten Vormittag lang mit allen Zuständigen telefoniert", berichtet der österreichische Posaunist Paul Zauner, der seit vielen Jahren der große Jazz-Impresario und -veranstalter in Passau und Umgebung ist. So wird das Konzert von Manu Delago am kommenden Montag wohl das erste in Bayern vor physisch anwesenden Besuchern nach gut einem halben Jahr sein. Ob sich das rechnet? "Nein", lautet Zauners schlichte Antwort. Natürlich machen sie es trotzdem, lange genug hat man ja darauf gewartet.

Und so geht es: Unter Beachtung von Hygiene- und Abstandsregeln können 15 Gäste im Saal Platz nehmen, und noch einmal maximal 40 auf der - bei gutem Wetter nach innen geöffneten - Donauterrasse, wohin das Konzert ebenfalls übertragen wird. Voraussetzung für den Besuch ist Vorab-Reservierung, die gleichzeitig als Dokumentation der Gäste dient, sodann der Nachweis eines negativen Corona-Tests (POC-Antigentest nicht älter als 24 Stunden, PCR-Test nicht älter als 48 Stunden) oder ein vor Ort durchgeführter Selbsttest. Vier Personen beziehungsweise sechs Personen aus einem Hausstand, die an einem Tisch draußen sitzen, brauchen keinen Test nachzuweisen. Alles ganz einfach also.

Doch Spaß beiseite, immerhin hatte Zauner mit der Musik keinen Aufwand. Das Konzert von Manu Delago war seit langem geplant, als Livestream, den es schon wegen der wenigen Live-Besucher nach wie vor gibt. Passenderweise ist es ein echtes Highlight. Ist der Innsbrucker Manu Delago doch sozusagen der Weltmeister am Hang. Nach einer vom Rock geprägten Jugend und einer klassischen Ausbildung zum Schlagwerker entdeckte er 2003 das in der Schweiz erfundene, wie ein Wok aussehende, alle möglichen Klänge generierende Perkussionsinstrument Hang. Mit seinem Youtube-Solo "Mono Desire" kam 2011 der Durchbruch. Seitdem spielte Delago mit Björk, Olafur Arnalds oder dem London Symphony Orchestra und bereiste solo oder mit seiner Band über 50 Länder.

Was beim Tiroler Berg- und Naturfreund zunehmend ein schlechtes Gewissen erzeugte. Während des Lockdowns ersann er Wiedergutmachung: die "ReCycling-Tour". So werden er und seine Begleiter Charly Mair (Percussions) und Alois Eberl (Posaune und Akkordeon) per Rad nach Passau anreisen, samt Equipment auf Anhängern. CO₂-Ausstoß wird vermieden, stattdessen sogar Strom für die Akkus gewonnen, mit denen (plus Solarzellen) die Licht- und Tonanlage beim Konzert betrieben wird. Für die wenigen glücklichen Café-Museum-Besucher ergibt sich so eine Quadrupel-Win-Situation: Sie können gleichzeitig ein Zeichen für die Kultur wie für den Klimaschutz setzen, endlich wieder Musik live genießen - und Corona ein Schnippchen schlagen.

© SZ vom 08.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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