Obermenzing:Neue Gräber in uralter Erde

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Ruhiger Fleck: die alte Obermenzinger Dorfkirche St. Georg mit den Lindenbäumen (links im Bild). (Foto: Catherina Hess)

Der Wiederbelegung des Obermenzinger Kirchenfriedhofs St. Georg steht nichts mehr im Weg. Stadtbaurätin Elisabeth Merk genehmigt die Fällung von zwei Linden, die das Projekt gefährdet haben

Von Jutta Czeguhn, Obermenzing

Der Baum als Symbol des Lebens. In Obermenzing sah es zuletzt so aus, als müsste die Idee, den Friedhof um die alte Dorfkirchen St. Georg zu reaktivieren, wegen zweier Linden endgültig begraben werden. Um die beiden hohen Bäume an der nördlichen Seite des Kirchhofes war ein Streit entbrannt. Mitglieder aus den Fraktionen von SPD und Grünen im zuständigen Bezirksausschuss setzten sich für den Erhalt der ortsbildprägenden Linden ein und wurden von der Unteren Naturschutzbehörde bestätigt. Frieder Vogelsgesang (CSU), der auch Vorsitzender der Bürgervereinigung Obermenzing ist, forderte hingegen das Baumopfer. Das ausgreifende Wurzelwerk der Linden würde die gesamte bisherige Grabfeldplanung über den Haufen werfen. Lange schien die Sache ziemlich verfahren. Jetzt aber sind alle Hemmnisse aus dem Weg geräumt. Stadtbaurätin Elisabeth Merk hat sich eingeschaltet und ein Machtwort gesprochen: Die Linden dürfen fallen.

Genehmigungsbehörde im Obermenzinger Friedhofsfall ist das Referat für Gesundheit und Umwelt, das nun aus dem Planungsreferat, respektive der Unteren Naturschutzbehörde die positive Stellungnahme zur Baumfällung bekommen hat. Doch das sind längst nicht alle Behörden, die bei so einer Friedhofsreanimation mitzureden haben. Frieder Vogelsgesang, dessen Bürgervereinigung Obermenzing das Projekt 2012 angestoßen und in den Bezirksausschuss getragen hat, kann dicke Aktenordner mit Korrespondenz präsentieren; mit der Erzdiözese, mit dem Wasserwirtschaftsamt, das Bedenken wegen einer möglichen Hochwassergefahr äußerte. Gutachten wurden angefertigt, die Referate prüften und prüften. Es gab Ortstermine, Versammlungen, runde Tische.

Einen leidenschaftlichen Befürworter hatte das Friedhofsprojekt zudem im katholischen Ortspfarrer Klaus Günter Stahlschmidt. Der registriert seit geraumer Zeit bei seinen Gemeindemitgliedern den Wunsch, sich auf dem alten Dorffriedhof begraben zu lassen. Denn aus kirchenrechtlicher Sicht wurde der Friedhof von St. Georg nie profanisiert. Sogar Bayerns oberster Denkmalschützer, Generalkonservator Mathias Pfeil, hatte sich zu Wort gemeldet. Der Fortbestand des seit dem Mittelalter überlieferten Friedhofes stelle ein "hohes Gut" dar.

Die Gebeine von Generationen Obermenzinger müssen in der Erde um die Kirche liegen, die 1315 erstmals erwähnt wurde, aber möglicherweise bereits im 9. Jahrhundert eine christliche Kultstätte war. Die letzte Bestattung auf dem Friedhof von St. Georg fand um 1925 statt. Jahre zuvor war der neue Friedhof an der Bergsonstraße angelegt worden, der heute etwa 3300 Grabplätze hat. Um 1970 verschwanden dann die letzten Gräber vom Kirchhof St. Georg. Eine Namenstafel am Eingang erinnert seither an die Obermenzinger Familiengrabstätten. Künftig sollen auf der knapp 500 Quadratmeter großen Fläche um den Kirchenbau 50 Einzel-, 15 Doppel- und zehn Urnengräber untergebracht werden; so sehen es die Pläne des Friedhofsamtes nun vor. Neben den beiden Linden werden auch zwei Robinien weichen müssen. Deren Fällung war weder in der Unteren Naturschutzbehörde noch im Bezirksausschuss strittig.

Wann die ersten Beerdigungen bei St. Georg wieder stattfinden können, lässt sich noch nicht abschätzen. Es spricht jedoch vieles dafür, dass es spätestens 2017 soweit sein wird, wenn "Menzing" 1200 Jahre Ersterwähnung feiert. Dann wird auch die alte Kirche wie neu darstehen. St. Georg, im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt und schon einige Male renoviert, wird seit geraumer Zeit aufwendig saniert. Der Kirchturm mit seinen Wasserschäden an den Außermauern wurde als erstes in Angriff genommen. Doch der Katalog ist lang: Die Fresken im gotischen Gewölbe des Presbyteriums zeigen Risse, das Mauerwerk in der Sakristei ist feucht, der Putz platzt von den Wänden, die Fenster sind undicht.

Eine Million Euro müssen wohl insgesamt aufgebracht werden, um das historische Gotteshaus auf Dauer zu erhalten. 250 000 Euro wird davon die Pfarrgemeinde Leiden Christi übernehmen. Die Bürgervereinigung Obermenzing, die den Impuls für die Renovierung gab, hat aus ihren Vereinstopf 50 000 Euro gespendet und sammelt weiter Spenden für das Projekt ( www.bvobermenzing.de). 10 000 Euro hat der Bezirksausschuss zugesagt. Jetzt wurde bekannt, dass auch die Bayerische Landesstiftung 77 000 Euro zur Kirchensanierung beisteuern wird.

© SZ vom 15.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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