Obermenzing:Hoffentlich fliegen sie drauf

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Nach jahrelangen Beschwerden über Verschmutzungen durch Kot in und um den Obermenzinger S-Bahnhof gibt es in der Nähe nun endlich ein Taubenhaus. Jetzt müssen die Vögel nur noch dazu gebracht werden, dort einzuziehen

Von Jutta Czeguhn, Obermenzing

Auf der Verdistraße braust wie üblich der Verkehr, eine S-Bahn donnert heran. Die Nachbarschaft des ersten kommunalen Obermenzinger Taubenhauses ist nicht gerade das, was man eine ländliche Idylle nennen könnte. Die künftigen Bewohner der Holzhütte sind viel mehr mitten drin im urbanen Geschehen auf dem kleinen Gartengrundstück zwischen der stark befahrenen Straße, der S-Bahn-Station und dem Gebäude der Wohnhilfe München. Aber die Tiere sind schließlich vertraut mit der Gegend - zu gut. Sonst hätte man ihnen nicht dieses Haus hingestellt.

Über Jahre gab es Beschwerden über starke Verschmutzungen durch Taubenkot - sowohl, was die Unterführung der Verdistraße unter der Bahntrasse als auch die Aufgänge und den Bahnsteig der Obermenzinger Bahnstation angeht. Das Referat für Gesundheit und Umwelt (RGU), der Bezirksausschuss Pasing-Obermenzing und die Deutsche Bahn AG, bei denen die Klagen über die Zustände anlandeten, versuchten, gemeinsam zu einer Lösung zu kommen. Es gab Diskussionen in Stadtteilgremien, Ortstermine am S-Bahnhof. 2017 wollte die DB an der Obermenzinger Station Maßnahmen zur Taubenvergrämung in Auftrag geben. Denn sogar Klaus-Dieter Josel, Konzernbevollmächtigter der Deutschen Bahn für den Freistaat Bayern, kam damals zu dem Schluss: "Die Verschmutzungen sind wirklich massiv und aus hygienischen und gesundheitlichen Gründen so nicht mehr hinnehmbar."

Tauben in Obermenzing. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Doch es war noch zwei Jahre hinnehmbar, für die Fahrgäste am Bahnsteig, und für die Tauben sowieso. Nun ist nicht die Bahn aktiv geworden; es gelang der Wohnhilfe, dem Tierschutzverein München und dem RGU, auf dem Grundstück Verdistraße 45, unmittelbar neben dem S-Bahnhof, einen Standort für das Taubenhaus zu finden. Per Kran kam es an seinen Platz. Wie die Stadtverwaltung mitteilt, müssen die Tiere jetzt dazu gebracht werden, ihre bisherigen Nist- und Aufenthaltsplätze - unter der Bahnbrücke, in den Aufgängen, auf dem Bahnsteig sowie in der Umgebung - zu verlassen und ins Taubenhaus einzuziehen.

Es ist mit 70 Brutnischen ausgestattet und bietet Platz für 140 Tauben. Ein Anreiz zum Umzug könnte den Stadttauben artgerechtes gesundes Futter sein, das ihnen die Mitarbeiter des Tierschutzvereins, die das Haus betreuen, dort regelmäßig bereitstellen werden. Zunächst auch auf dem Anflugbrett, um sie anzulocken, später nur noch im Taubenhaus. "Dabei lernen die Tauben nebenbei das Haus mit seinen geschützten Nistplätzen kennen", heißt es von der Verwaltung, die darauf aufmerksam macht, dass die Eingewöhnungsphase für so ein Taubenhaus bis zu einem Jahr und sogar länger dauern kann. Der Grund: Stadttaubenpaare hielten an ihrem angestammten Brutplatz fest, gerade wenn sie dort schon einmal erfolgreich Junge großgezogen haben.

Vogelhotel im Hüttenstil: Nach dem Vorbild des Münchner Hauptbahnhofs haben auch Obermenzings Tauben ein Haus bekommen. (Foto: Privat)

Doch alle Beteiligten sind von den Vorteilen eines Taubenhauses überzeugt: So würden sich die Tiere bis zu 80 Prozent des Tages im Haus aufhalten. Entsprechend falle dort auch der meiste Kot an und die Umgebung, in Obermenzing folglich der S-Bahnhof, "weitgehend" von den Hinterlassenschaften der Tauben entlastet. Damit sinke auch der Reinigungsaufwand in der gesamten Nachbarschaft. Erkrankte und verletzte Tiere, auch das sei wichtig, könnten isoliert und behandelt werden. "Zusammen mit dem besseren Futter sorgt dies für einen besseren Gesundheitszustand der Tiere und damit in der Folge für eine bessere hygienische Situation für den Menschen", heißt es in der Mitteilung des RGU. Allerdings gehe es auch darum, die Taubenpopulation langfristig zu senken. Denn im Taubenhaus werden die meisten der Eier durch Attrappen ersetzt. Damit wird die Population zunächst stabilisiert, langfristig soll die Anzahl der Tiere sinken.

Auch am beziehungsweise um den Pasinger Bahnhof wird derzeit nach einem Standort für ein Taubenhaus gesucht. Bei einem Ortstermin hatten sich Vertreter des RGU, des Bezirksausschusses, Tierschützer und DB-Mitarbeiter mögliche Plätze angesehen. Sie werden nun geprüft.

© SZ vom 13.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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