Obergiesing:Trost unter neuem Dach

Lesezeit: 2 min

Freuen sich: die Trauerbegleiter Helmut Ziegler und Christina Schindler. (Foto: Isser)

Lacrima, das Münchner Trauerzentrum für Kinder und Jugendliche, bündelt seine Arbeit an der Perlacher Straße

Von Tim Sauer, Obergiesing

Im April setzte Lacrima, das Münchner Trauerzentrum für Kinder und Jugendliche, einen Hilferuf ab. Bis September sollte die von den Johannitern getragene Einrichtung aus ihrem Stammdomizil an der Birkerstraße ausziehen. Es bedurfte also neuer Räume. Jetzt, nur ein knappes halbes Jahr später, wurde die neue Adresse vorgestellt; im Januar soll sie dann bezogen werden können.

Das neue Konzept hat sogar einige Vorzüge gegenüber der derzeitigen Situation. Bis dato liegen die Lacrima-Einrichtungen verstreut in der ganzen Stadt und sind beispielsweise in Kirchengemeinden oder Alten- und Service-Zentren zu Gast. Die Folge: Die Räume müssen jedes Mal ordentlich hinterlassen werden, die Ehrenamtlichen behelfen sich deshalb mit Kisten, in denen alle Utensilien, die für die Trauerarbeit benötigt werden, untergebracht sind. Das sei nur eine "Schmalspur-Version" der Betreuung, wie es der evangelische Diakon Tobias Rilling als Leiter formuliert.

Ende des vergangenen Jahres wurde bekannt, dass die Evangelische Jugend ihre Räume an der Birkerstraße verlässt. Dort fanden bisher die meisten Veranstaltungen und Therapien von Lacrima statt. Das Team des Trauerzentrums sah sich also gezwungen, bis spätestens Dezember 2015 eine neue Lösung zu finden. "Zeit für den großen Wurf", dachte sich Rilling - und so wurde von Beginn an nach Räumlichkeiten gesucht, in denen alle Kinder betreut werden können. Im Juni dann meldete sich eine Münchner Familienstiftung, die im Hintergrund bleiben möchte. Sie kaufte Räume an der Perlacher Straße 21 und stellt sie dem Trauerzentrum nun kostengünstig für 1800 Euro Kaltmiete zur Verfügung. "Ein Meilenstein" sei das für die Johanniter, sagt Pressesprecher Gerhard Bieber, endlich habe man ein eigenes Zentrum für Trauernde. Auch Rilling freut sich: "Es ist wie ein Sechser im Lotto. Nun ist das Lacrima-Trauerzentrum tatsächlich ein Zentrum und nicht mehr geteilt in lauter Einzelstellen." Damit nicht genug: Momentan arbeiten sie mit Kindern im Alter von sechs bis 13 Jahren; vielleicht aber, so hofft man, gebe es bald die Chance, auch Krabbelgruppen aufzunehmen.

Gemeinsam mit dem Architekten Jochen Friker hat Rilling überlegt, wie das Zentrum gestaltet werden soll. So gibt es jetzt einen Kreativraum, einen Toberaum, einen Ruheraum, einen Raum für die Eltern, ein Büro sowie eine Küche und einen großen Raum, der für tröstende Trauer-Rituale, aber auch für Schulungen verwendet werden kann.

Die vielen verschiedenen Zimmer seien alle wichtig - Eltern können auf diese Weise betreut werden, und die Kinder finden einen "neutralen Raum, um ihrer Trauer Ausdruck zu verleihen". Das kann auf unterschiedliche Weise geschehen: Viele malen, andere brauchen Zeit zur Trauerbewältigung, und manchen fehlt ein geeigneter Platz, um die aufgestaute Wut loszuwerden. Dafür gibt es den Toberaum. Er soll mit Matten und Boxsäcken ausgestattet werden - außerdem werden Schallschutzmaßnahmen ergriffen. Das sind nur einige der Umbauten, die anstanden oder noch anstehen. Zuletzt war hier eine Arztpraxis untergebracht.

Jetzt fehlen noch viele Einrichtungsgegenstände, etwa 75 000 Euro veranschlagt Rilling dafür. Lacrima ist dabei auf Spenden angewiesen. Das Zentrum soll Ende des Jahres komplett fertig sein; nach den Weihnachtsferien wollen die insgesamt 56 Ehrenamtlichen und Rilling die Arbeit an neuem Platz aufnehmen.

© SZ vom 30.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: