Obergiesing:Startschuss zur Generalsanierung

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Das ehemalige, denkmalgeschützte Altenheim St. Martin wird für 88 Millionen Euro umgebaut. Münchenstift, Volkshochschule und andere Mieter müssen deshalb für mindestens vier Jahre Ersatzquartiere finden

Von Hubert Grundner, Obergiesing

Nach jahrelangen akribischen Vorarbeiten für eines der größten städtischen Sanierungsprojekte geht es jetzt zur Sache: Die Vollversammlung des Stadtrats hat am Mittwoch den Weg frei gemacht zur Generalinstandsetzung des ehemaligen Altenheims St. Martin in Obergiesing. Per einstimmigem Beschluss hat das Gremium das Nutzerbedarfsprogramm, den Projektauftrag, vorgezogene Maßnahmen sowie die Fortschreibung des Mehrjahresinvestitionsprogramms 2020 bis 2024 genehmigt. Die Gesamtkosten des Vorhabens, inklusive einer Risikoreserve, belaufen sich auf fast 88 Millionen Euro. Den Großteil davon verschlingt die Generalinstandsetzung (Teil A) mit rund 80,5 Millionen Euro, rund 7,4 Millionen Euro werden für sogenannte optionale Ausbaubereiche (Teil B) bereitgestellt.

Der Baubeginn ist für das Frühjahr 2022 avisiert, die Fachleute rechnen mit einer Bauzeit von circa zweieinhalb Jahren. Hinzu kommen noch jeweils weitere sechs Monate für Auszug und Wiedereinzug der verschiedenen Nutzer, die aktuell in St. Martin untergebracht sind. Zusätzlich gehen die Planer aufgrund unvorhersehbarer Baurisiken schon jetzt von zeitlichen Verzögerungen bis zu einem halben Jahr aus. Unter dem Strich ist also damit zu rechnen, wie es im Beschluss heißt, dass die jetzigen Untermieter mindestens vier Jahre ausgelagert werden müssen. Betroffen davon sind beispielsweise die Münchenstift GmbH und die Münchner Volkshochschule, die hier ihr Stadtbereichszentrum Ost unterhält.

Der Generalsanierung von St. Martin, erbaut 1892, soll in zwei Jahren beginnen. (Foto: Claus Schunk)

Das ehemalige Armenversorgungshaus St. Martin an der Severinstraße 2 bis 6 und Werinherstraße 33 gilt als herausragendes Baudenkmal, ein Eintrag in der Denkmalliste trägt dem Rechnung. Errichtet wurde es 1892/94 von Carl Hocheder dem Älteren. Zwischen 1902 und 1905 fand der Anbau der Flügel im Norden und Süden durch Robert Rehlen statt. Im Stadtratsbeschluss heißt es dazu: "Aus architekturgeschichtlicher Sicht ist der monumentale solitäre Gesamtkomplex aufgrund seiner historischen Einzigartigkeit, seiner exponierten Lage sowie im Bezug auf seine Größe und die fast vollständig erhaltene historische Substanz von besonderer Bedeutung." Bis ins Jahr 1988 war dieser Gebäudecampus als Altenheim in Betrieb. Nach Fertigstellung des innerhalb der Gartenfläche westlich davon errichteten Neubaus wurde der Altenheimbetrieb dorthin umgesiedelt.

Heute sind in St. Martin nicht nur die Münchner Volkshochschule, die Senioren-Volkshochschule Giesing und die Münchenstift GmbH untergebracht. Neben dem städtischen Kinder-Tageszentrum mit seiner stadtteilbezogenen Elternarbeit haben auch die Abteilungsleitung Familienergänzende Hilfen, Heime, Pflege, Adoption und Wohnprojekte zusammen mit dem Sachgebiet Pflege und Adoption des Sozialreferats sowie eine städtische Außenstelle der Ambulanten Erziehungshilfe eigene Anlaufstellen im Gebäude. Darüber hinaus bietet das Haus St. Martin Räumlichkeiten für einen städtischen Tageskindertreff, Ersatzbetreuung für die Kindertagespflege des Sozialreferats sowie einer privaten Eltern-Kind-Initiative. Alleine diese Aufzählung verdeutlicht, wie kompliziert es werden dürfte, für alle diese Einrichtungen Ersatzquartiere zu finden, während St. Martin saniert wird.

Die inzwischen profanierte Hauskapelle könnte ein Veranstaltungsraum fürs Viertel werden. (Foto: Claus Schunk)

Bedeutend länger aber als diese Aufzählung ist die Liste der Mängel, die an dem Gebäudekomplex festzustellen sind. Sie reichen von maroden Brauch- und Abwasserleitungen im Keller über erneuerungsbedürftige Elektro- und Heizleitungen auf allen Stockwerken bis hinauf zu den verwitterten Dachgauben - und allem, was dazwischenliegt. Entsprechend umfasst ist die jetzt beschlossene Generalsanierung der Gebäudehülle mit Fassadeninstandsetzung, Fenstersanierung beziehungsweise -erneuerung, energetische Ertüchtigung der Dachflächen und der Dacheindeckung, die Sanierung im Tiefparterre sowie die Modernisierung des Brandschutzes. Im Weiteren geht es um die Sanierung aller Wand-, Decken- und Fußbodenoberflächen sowie die Erneuerung aller Versorgungsleitungen und der haustechnischen Anlagen. In geringem Umfang stehen außerdem Raumanpassungen an, die notwendig sind, um zusätzliche Nutzer unterzubringen. Parallel zur Neugestaltung der Grünflächen im Außenbereich sollen auch die Wege und die historische Gartenmauer saniert werden. Zudem werden Fahrrad- und Pkw-Stellplätze sowie Einhausungen für Müllbehälter geschaffen.

Zu den sogenannten optionalen Ausbaubereichen zählt der Dachraum im dritten Obergeschoss. Seitens der Münchenstift besteht dringender Bedarf an bezahlbaren Wohnungen für Pflegekräfte und Auszubildende. Im Dachgeschoss sollen deshalb Appartements entstehen. Im Tiefparterre hingegen soll ein Archivraum mit einer Fläche von rund 320 Quadratmetern errichtet werden. Er soll zur Aufbewahrung von Akten mit sensiblen personenbezogenen Daten dienen. Bedarf dafür hat zum Beispiel das Sozialreferat und die Münchenstift.

Besonders interessant für die Giesinger dürfte indes der dritte optionale Ausbaubereich sein: ein Veranstaltungsraum in der ehemaligen Hauskapelle, die 2017 profaniert wurde. Im Stadtviertel bestehe Bedarf für eine solche Location, heißt es im Stadtratsbeschluss. Auch die Volkshochschule interessiere sich für einen großen, für Veranstaltungen und Seminare nutzbaren Raum. Die Kapelle soll demnach mit den denkmalgeschützten Einbauten - barocker Altar, Kanzel, Kreuzweg und Orgel - erhalten bleiben. Sie wird aber mit der für einen Veranstaltungsraum erforderlichen Medientechnik ausgestattet, Heizung, Belüftung und Belichtung werden angepasst.

© SZ vom 23.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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