Obergiesing:Die strapazierte Geduld der Giesinger

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Wann geht es mit Tegernseer Platz und nördlicher Tegernseer Landstraße weiter, fragen viele Giesinger. (Foto: Robert Haas)

Besucher der Bürgerversammlung verlangen, dass Studien zum Tegernseer Platz und zu einer Brücke am Hang in konkrete Projekte münden. Und sie wollen die Beteiligung der Bevölkerung an der weiteren Planung

Von Hubert Grundner, Obergiesing

Langsam aber sicher verlieren die Giesinger die Geduld. Sie wollen jetzt wissen, wie es mit der Umgestaltung des Tegernseer Platzes und der nördlichen Tegernseer Landstraße weitergeht. Immerhin sind schon einige Jahre vergangen, seit die entsprechenden Machbarkeitsstudien erstellt wurden und diese die politischen Gremien durchliefen. Dabei dürften sich viele der rund 200 Besucherinnen und Besucher, die am Donnerstagabend zur Bürgerversammlung für Obergiesing-Fasangarten ins Anton-Fingerle-Zentrum gekommen waren, bestätigt gefühlt haben: Auch die Bezirksausschuss-Vorsitzende Carmen Dullinger-Oßwald (Grüne) griff das Thema gleich eingangs in ihrem Jahresrückblick auf: "Wir wünschen uns, dass der Tegernseer Platz endlich, endlich umgestaltet wird."

Intensiv hatte sich dazu auch Irmtraud Lechner Gedanken gemacht. Sie forderte per Antrag, der einstimmig beschlossen wurde, eine inklusive Bürgerbeteiligung bei dem Projekt. Das Alltagswissen von Menschen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, vielleicht blind oder gehörlos sind, müsse in die Planungen einfließen. Uwe Kranenpohl aus der Deisenhofener Straße wiederum forderte von der Stadt, aufs Tempo zu drücken. In puncto Umgestaltung des Platzes "muss jetzt etwas passieren". Die Verwaltung solle umgehend eine Entwurfsplanung vorstellen.

Zustimmung erhielt auch Eckhardt Groh. Er verlangte an der nördlichen Tela eine Mindestbreite des Radwegs von zwei Metern plus einen Abstand von 50 Zentimetern zu den Autoparkplätzen. Ebenso wurde sein Vorschlag angenommen, bei der weiteren Planung die Öffentlichkeit mit einzubeziehen, zum Beispiel in Form von Einwohnerversammlungen.

Ein weiteres, von vielen Giesingern gewünschtes Projekt brachte Matthias Rajmann in seinem Antrag zur Sprache: Darin wird die Verwaltung aufgefordert, das Zwischenergebnis der Machbarkeitsstudie für eine Fuß- und Radwegbrücke am Giesinger Berg vorzustellen. Der Stadtrat habe ja erkannt, so Rajmann, dass die Brücke geeignet wäre, um die Schneise zu schließen, die dem Isarhochufer dort geschlagen wurde. Die beauftragte baufachliche und naturschutzfachliche Machbarkeitsstudie liege nun vor. Ende 2019 solle auf Grundlage der Studie eine Entscheidung fallen, ob eine Brücke realisiert und der Bau geplant werden könne. Rajmann möchte mit dem Antrag erreichen, dass die Stadträte dann nicht über etwas abstimmen, was zuvor ausschließlich vom Planungsreferat erarbeitet wurde. Stattdessen solle die Öffentlichkeit regelmäßig über die einzelnen Planungsschritte informiert werden und eventuell auch noch Korrekturen erwirken können.

Alois Schwarzhuber trug stellvertretend für Sascha Weigelt einen Antrag vor, der vom Plenum angenommen wurde und der im Erfolgsfall viele Menschen betreffen würde: Er forderte die Stadt auf, für die sogenannte Ami-Siedlung eine städtebauliche Erhaltungssatzung zu erlassen. Zur Begründung zitierte er das Staatliche Bauamt München 1, das den Charakter der Siedlung so beschrieb: "Locker und in Zeilenbauweise sind Wohngebäude in parkartige Grünflächen und Restbestände des Perlacher Forstes eingefügt. Die weitläufigen offenen Freiflächen sollen ein gesundes Wohnen im Grünen, hohe Erholung und Aufenthaltsqualität für alle Altersstufen gewähren." Das alles sei bedroht durch das Interesse des Eigentümers, der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, die Restflächen möglichst gewinnbringend zu verwerten. Vor allem Pläne zur Nachverdichtung und zur Erhöhung des Gewerbeanteils stießen auf heftige Proteste der Bewohner.

Auffallend viele Anträge wurden - erfolgreich - zum weiteren Ausbau der Radwege gestellt. Und auch die schlechte Luftqualität und die fortschreitende Klimaerhitzung schlugen sich in zahlreichen Forderungen nieder. Beispielhaft kann Dorothee Reinfelder genannt werden: Unter anderem forderte sie, dass die Stadt künftig alle Bauvorhaben im Hinblick auf ihre Wirkung auf das Klima untersuchen solle.

Trotz oder vielleicht gerade wegen der vielen Anträge und Anfragen verhielten sich die Redner diszipliniert und trugen ihre Anliegen sachlich und höflich vor. Den hässlichen Schlussakzent setzte dann ein Geschwisterpaar aus der Münchberger Straße: Beide ergingen sich in kruden Verschwörungstheorien und unbewiesenen Behauptungen über ein korruptes System aus Bauträgern, Investoren und Politikern. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) wurden Kungeleien mit Immobilienhaien unterstellt. Und auch Stadtrat und Versammlungsleiter Manuel Pretzl (CSU) sah sich gezwungen, Unterstellungen gegen seine Person entschieden zurückzuweisen. Nun kam es ja schon früher vor, dass Redner mit ehrabschneidenden Behauptungen aus der Rolle fielen. Dass viele Zuhörer das aber ganz offen mit hämischem Beifall und Gejohle quittieren, ist hingegen eher neu.

© SZ vom 06.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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