Oberföhring:Duschen nach Schichtplan

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Der FC Rot-Weiß Oberföhring muss weiter auf die Sanierung und Erweiterung seiner Vereinsanlagen warten. Für die 742 Mitglieder, darunter 400 Kinder und Jugendliche in 21 Jugendfußballmannschaften, ist die Situation frustrierend

Von Ulrike Steinbacher

Marke Eigenbau: Der FC Rot-Weiß Oberföhring hat seine Vereinsanlagen bisher selbst errichtet. (Foto: Robert Haas)

Oberföhring - Ob sie in Wien, Zürich und dem neuseeländischen Auckland auch Sportvereine haben, deren Mitglieder nur nach Schichtplan duschen können? Deren insgesamt drei Umkleidekabinen acht Quadratmeter groß sind? Kabinen für Fußballmannschaften wohlgemerkt. Gemeinsam mit diesen Städten führt München ein aktuelles weltweites Ranking zur Lebensqualität an. Mit der ist es aber zumindest für den FC Rot-Weiß Oberföhring nicht weit her. Der Verein - 742 Mitglieder, davon 400 Kinder und Jugendliche in 21 Jugendfußballmannschaften - wartet seit elf Jahren auf die Sanierung und Erweiterung seiner Vereinsanlagen an der Johanneskirchner Straße. Und er wird weiter warten.

Dabei ist auch in der Stadtverwaltung unstrittig, dass die Anlagen dringend aufpoliert werden müssen, doch das Projekt kommt einfach nicht voran. Jetzt hat der Bezirksausschuss (BA) Bogenhausen in einem gemeinsamen Antrag von CSU und SPD erneut zur Eile gedrängt und gefordert, einen Teil der Sanierung vorzuziehen. Die SPD im Stadtrat fordert "umgehend" eine Modernisierung. Denn die Nachfrage nach Sportmöglichkeiten im Stadtbezirk steigt stetig an, weil immer mehr Menschen nach Bogenhausen mit seinen vielen Neubaugebieten ziehen. Allein in der Nachbarschaft des FC Rot-Weiß Oberföhring liegen der Prinz-Eugen-Park mit 1800 Wohnungen, die jetzt Stück für Stück fertig werden, das ehemalige Digitalgelände mit 200 Wohnungen und die Alte Ziegelei mit 350. "Wenn so ein ganzer Schwung Kinder kommt, können wir die nicht mehr aufnehmen", sagt der Vereinsvorsitzende Uli Oesterle.

Schon 2007 hatte die Stadt dem Verein einen Neubau des Umkleidegebäudes versprochen, doch in den folgenden Jahren setzte das Referat für Bildung und Sport (RBS) mit dem Projekt immer wieder neu an. 2017 teilte Stadtschulrätin Beatrix Zurek auf eine CSU-Anfrage hin den aktuellen Sachstand mit, der laut RBS bis heute gültig ist: Die Betriebsräume des Vereins sollen in ein Sportbetriebsgebäude samt Gaststätte integriert werden, das zusammen mit einer Dreifachturnhalle für die benachbarte Helen-Keller-Realschule und einem Allwetterplatz auf dem Areal an der Johanneskirchner Straße entsteht. Außerdem wird die Sommerstockbahn saniert, der Verein bekommt einen Kunstrasenplatz, ein zweiter wird geprüft. Was Zurek aber vor einem Jahr schuldig blieb, war ein Zeitplan für all diese Neuerungen. Dabei hätte die Umbau-Planung bereits 2016 beginnen sollen - eine Verzögerung um gut zwei Jahre, die Petra Cockrell (CSU) jetzt im BA "einfach unzumutbar" nannte.

"Extrem frustriert" ist auch der Vereinsvorsitzende Oesterle. Das Sanierungsprojekt sei innerhalb des RBS einer neuen Abteilung zugewiesen worden. "Die haben im Prinzip wieder von vorn angefangen." Das habe die Sanierung "mindestens zwei Jahre zurückgeschmissen", vermutet er. Eine Lösung wäre aus Oesterles Sicht, was auch der BA jüngst einstimmig gefordert hat: den Kunstrasenplatz unabhängig von den übrigen Projekten möglichst bald zu bauen und Umkleide-Container zur Verfügung zu stellen. Dann könne der Verein zumindest wieder Kinder aufnehmen, sagt Oesterle. "Das würde uns helfen." Und den Kunstrasenplatz "müsste man ja vollkommen unabhängig vom Betriebsgebäude hinkriegen können".

Das RBS erklärt auf Nachfrage, der Auftrag für die Planung sei inzwischen erteilt, "derzeit werden noch letzte offene Fragen geklärt". Danach werde der Architektenauftrag ausgeschrieben. Eine Aussage zum Zeitplan sei aber noch immer nicht möglich. "Insofern kann derzeit leider noch nicht abgeschätzt werden, ... ob der Kunstrasenplatz vorgezogen werden kann", erklärt eine Sprecherin. Das Referat werde dies aber "gerne in die weiteren Planungen einbringen". Auch wann Umkleide-Container aufgestellt werden, sei noch offen.

Der Vereinsvorsitzende Uli Oesterle (rechts) und sein Stellvertreter Ralf Augustin hoffen jetzt, dass die Stadt dem Verein zumindest den lange versprochenen Kunstrasenplatz samt Umkleide-Containern bald hinstellt. (Foto: Robert Haas)

Unterdessen kommt die Turnerschaft (TS) Jahn, die mit der Planung einer Dreifachhalle an der Weltenburger Straße eine ähnlich lange Leidensgeschichte erlebt hat, langsam voran. Der gut 5000 Mitglieder starke Verein, der ebenfalls an der Kapazitätsgrenze ist, hatte das Projekt ursprünglich auf einem benachbarten Privatgrundstück verwirklichen wollen, aber mit der Eigentümerin jahrelang keine Einigung erzielt. Jetzt wird die TS Jahn auf ihrem eigenen Gelände bauen. Die Voranfrage sei positiv beschieden, sagt TS-Vizepräsident Werner Gawlik, man habe das Konzept aber noch überarbeitet und die anschließende Sanierung des Altbestands gleich mit eingeplant. Mit dem ersten Bauabschnitt will der Verein dennoch kommendes Jahr beginnen. "Wir versuchen, diesen Termin zu halten", sagt Gawlik.

Bei Rot-Weiß Oberföhring dagegen wäre man schon froh, wenn es mal einen Zeitplan für die Planung gäbe, vom Baubeginn ganz zu schweigen. Beim BA Bogenhausen ebenfalls: "Ich empfinde es als unwürdig für eine recht gut ausgestattete Stadt, dass sie es nicht auf die Reihe kriegt, diese Anlage zu ertüchtigen", kritisierte Petra Cockrell. Und Karin Vetterle (SPD) sagte lakonisch: "Die Hoffnung stirbt zuletzt."

© SZ vom 25.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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