Nymphenburg:Flexi-Heim "nicht um jeden Preis"

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Stadt will ein Bürogebäude für zehn Millionen Euro umbauen. CSU scheitert mit Forderung nach Alternative

Von Sonja Niesmann, Nymphenburg

Trotz der sehr hohen Kosten heißt der Bezirksausschuss (BA) Neuhausen-Nymphenburg den Umbau eines leer stehenden Bürogebäudes an der Wotanstraße 88 in ein sogenanntes Flexi-Heim für Wohnungslose und anerkannte Flüchtlinge gut. Mit Mehrheit lehnte das Gremium am Dienstagabend nach gut einstündiger Debatte einen Antrag der CSU-Fraktion ab, das achtstöckige Haus als Verwaltungsgebäude zu nutzen. Allerdings fordert der BA das Sozialreferat auf, mit dem Eigentümer über eine längere Mietdauer zu verhandeln.

Die Stadt hat das Gebäude nahe dem Romanplatz im November 2015 angemietet, um dort ab dem ersten Halbjahr 2016 eine Gemeinschaftsunterkunft für 300 bis 400 Flüchtlinge zu betreiben. Probleme mit dem Brandschutz verhinderten jedoch eine schnelle Nutzung, und schließlich war wegen der stark zurückgehenden Zahl an neuankommenden Flüchtlingen der Bedarf für eine Gemeinschaftsunterkunft nicht mehr gegeben. Das Sozialreferat plante daher um: Mit einem Aufwand von zehn Millionen Euro soll das Haus zu einem der dringend in München benötigten Flexi-Heime umgebaut werden, mit 49 Apartments verschiedener Größe, für Zwei- bis Acht-Personen-Haushalte mit insgesamt 224 bis 266 Bettplätzen, Gemeinschaftsräumen, einem Anwohnercafé sowie Büros für die intensive sozialpädagogische Betreuung. 2019 soll es bezugsfertig sein.

Auf Betreiben der CSU-Stadtratsfraktion war der Beschluss darüber aber von der Tagesordnung des jüngsten Sozialausschusses gestrichen worden und wurde folglich auch nicht in der Vollversammlung am gestrigen Mittwoch behandelt. Denn zwei Jahre Stillstand nunmehr bei einer Monatsmiete von 100 000 Euro, zehn Millionen Euro für den Umbau, eine vertragliche, weitere Millionen verschlingende Verpflichtung zum Rückbau in Büroräume nach Ablauf des Mietvertrages, der nur bis 2030, also elf Jahre läuft - die CSU im Stadtrat wie im Bezirksausschuss halte das nicht für einen verantwortungsvollen Umgang mit Steuergeld, sagte Kristina Frank, die auch CSU-Stadträtin ist. Sinnvoller und wirtschaftlicher wäre es, das Bürohaus als städtisches Verwaltungsgebäude zu nutzen, eventuell auch noch ein Bürgerbüro für den Stadtbezirk dort unterzubringen, und die Millionen in einen Flexi-Heim-Bau auf einem städtischen Grundstück zu stecken, selbstverständlich auch irgendwo in Neuhausen-Nymphenburg.

"Wir haben nicht viele Alternativ-Standorte", entgegnete Rudolf Stummvoll vom Amt für Wohnen und Migration, der zur Verteidigung des Projektes in die Sitzung gekommen war. Bei akut 9000 Wohnungslosen in der Stadt "tun wir uns verdammt schwer". Beim Neubau eines Flexi-Heims müsse man zudem "mit vergleichbaren Kosten" rechnen. "Ja, aber dann gehört es der Stadt", gab Leo Agerer (CSU) zurück, und müsse nicht nach elf Jahren zurückgegeben werden.

Auf die Idee einer längeren Mietdauer, möglicherweise sogar den Kauf des Hauses sei das Wohnungsamt im Übrigen auch schon gekommen, führte Stummvoll aus, das sei in der Tat ein Aspekt "von erheblicher Bedeutung". Er deutete aber mehrmals an, Verhandlungen, ja sogar schlichte Terminvereinbarungen mit der Eigentümerfamilie gestalteten sich eher zäh - "die haben schließlich ihren Mietvertrag".

Am Dienstag, 24. Oktober, steht das Flexi-Heim voraussichtlich wieder auf der Tagesordnung des Sozialausschusses. Für die CSU seien längst nicht alle Fragen geklärt, kündigte Kristina Frank an. BA-Vorsitzende Anna Hanusch (Grüne) hielt den Kritikern entgegen, es sei in Anbetracht der vielen wohnungslosen Menschen "unverantwortlich, das Projekt so hinauszuzögern". Maike Brandmayer (SPD) ergänzte: "Hier nur mit dem roten Stift zu rechnen, ist nicht sozial." Auf Seiten der CSU verwahrten sich mehrere Redner gegen den Verdacht, sie seien grundsätzlich gegen eine solche Einrichtung im Viertel, schließlich habe die CSU vor zwei Jahren auch ohne Wenn und Aber der Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge zugestimmt. Aber sie wolle kein Flexi-Heim an der Wotanstraße "um jeden Preis", unterstrich Agerer nochmals. Wenn man die Kosten umrechne, komme man auf einen Mietpreis pro Quadratmeter "von etwa 80 Euro warm" - das sei den Menschen, den Mietern in dieser Stadt kaum zu vermitteln.

© SZ vom 19.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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