Neuried:Webcam an der Grube

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Weil ein Nein weiteren Kiesabbau nicht verhindern würde, knüpft Neuried die Zustimmung an etliche Auflagen

Von Julian Raff, Neuried

In ihrem "Nein" zu einer neuen Kiesgrube westlich des Orts sind sich die Gemeinderäte einig, auch wenn das letzte Wort beim Landratsamt liegt, das wahrscheinlich zustimmen wird. Mit der Frage, ob es besser ist, das gemeindliche Einvernehmen trotzdem zu versagen oder unter Auflagen zuzustimmen, machte es sich der Bauausschuss nicht leicht. Nach zweistündiger Diskussion entschied sich das Gremium für die zweite Option und knüpfte seine Zustimmung an einen umfassenden Forderungskatalog, in der Hoffnung, das Vorhaben so wenigstens verträglicher für die Neurieder zu gestalten.

Im Heiliggeistholz, 1,2 Kilometer vom westlichen Ortsrand entfernt, will die Gräfelfinger Firma Glück eine 2,9 Hektar große Abbaufläche reaktivieren. Da es sich um ein privilegiertes Projekt im Außenbereich handelt, das die Planungshoheit der Gemeinde nicht berührt, ist das Landratsamt zuständig. Dieses hatte den Abbau bereits 1988 genehmigt, woraufhin das Gebiet gerodet und die Humusschicht abgetragen wurde. Heute stehen dort etwa vier Meter hohe Kiefern und Sträucher. Mitte der Neunzigerjahre hatte Neuried gegen die Genehmigung geklagt, da seinerzeit eine Zufahrt durch den Ort geplant war. Das Verwaltungsgericht hatte in erster Instanz Landratsamt und Antragstellern recht gegeben. Allerdings wurde dieses Urteil nie rechtskräftig, da ein Verfahren in zweiter Instanz zum Erliegen kam und die Abbaufirma das Projekt ruhen ließ.

Wie der damals und heute die Gemeinde beratende Anwalt Hans Werner Hürholz ausführte, hat der neue Antrag Aussicht auf rechtssichere Genehmigung, da der Kies nicht mehr über Neurieder Straßen zum Gräfelfinger Werk abtransportiert werden soll, sondern über ein Förderband. Unmittelbar nördlich, im Bereich des bestehenden Abbaus, soll dieses zunächst oberirdisch verlaufen, um im bebauten Gebiet in einem Tunnel zu verschwinden. Wegen ihrer Vorkommen an relativ hochwertigem Baukies ist die Fläche im Regionalplan als Vorranggebiet für den Abbau eingezeichnet, was schwerer wiegt, als der Schutz der umgebenden Wälder. Das Grundwasser liegt hier rund elf Meter tief, ein Abbau bis in neun Meter Tiefe wäre damit möglich. Die Genehmigung wäre auf drei Jahre befristet und an eine anschließende Rekultivierung des Geländes geknüpft, genauer gesagt an eine Wiederaufforstung zum Mischwald. Die Wiederbegrünung soll durch Bürgschaften und finanzielle Sicherheitsleistungen sichergestellt werden.

Ein "Nein" aus der Gemeinde würde das Landratsamt mit einer "ersatzweisen" Genehmigung aushebeln und damit unter den neuen Voraussetzungen wohl durch alle Instanzen recht behalten, so Hürholz. Auch ohne Kies-Abtransport über die Gautinger Straße sehen sich die Neurieder und ihre Gemeinderäte durch die Kiesgrube beeinträchtigt. Zum einen werden Radler und Spaziergänger um einen Teil ihres Erholungsgebiets gebracht, außerdem würde das Material zum Verfüllen der Kiesgrube eventuell doch durch den Ort transportiert. Um die Fahrradstrecke durch den Forst zu erhalten, soll ein ost-westlicher Radweg neu verlegt und ausgeschildert werden, lautet nun eine der Forderungen. Außerdem soll ein neuer Schutzwall Lärm und Staub fernhalten. Neben dem Hinweis auf den gesetzlichen Immissionsschutz und der Forderung nach ausreichend hohen Bürgschaften enthält der Katalog unter anderem auch eine technische Forderung, die Dieter Maier (Grüne) vorgeschlagen hatte: Damit sich die Neurieder und der Rest der Welt ein Bild vom vorschriftsmäßigen Verlauf der Arbeiten machen können, soll eine Dauer-Webcam an der Kiesgrube installiert werden.

© SZ vom 12.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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