Neuried:Offene Diskussionen

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Neurieder Bürgermeister weist Vorwürfe der Intransparenz zurück

Von Julian Raff, Neuried

Wie hält es die Gemeinde mit der Transparenz? Auf der einen Seite ruft der Hinweis auf nicht öffentliche Themen in den Einladungsschreiben des Gemeinderats die kommunale Rechtsaufsicht auf den Plan, auf der anderen steht Bürgermeister Harald Zipfel (SPD) in der Kritik, weil er die Gemeinderäte wiederholt zu nicht öffentlichen Klausuren geladen hat, um Großprojekte vorab unverbindlich zu diskutieren. Als "glatten Verstoß" gegen die Gemeinde- und Geschäftsordnung bezeichnet dieses Vorgehen Ulrike Faulhaber-Hobelsberger, die von 1990 bis 2014 für die Wählergruppe "Unabhängige Neuried" im Gemeinderat saß. "Gemeindeverwaltung und Gemeinderat gaben sich den Anstrich verbesserter Öffentlichkeitsarbeit. Die Farbe blättert nicht mehr, der Lack ist ab", schreibt die Ex-Rätin in einem offenen Brief an Zipfel.

Sie bezieht sich dabei auf eine vor gut zwei Jahren erlassene "Informationsfreiheitssatzung" sowie auf ein nicht öffentliches Treffen vom September. Dabei ging es um die zeitlich und finanziell schwierige Koordination des seit langem geplanten Rathaus-Neubaus mit der überraschend anfallenden Sanierung des alten, von Verwaltung und Musikschule genutzten Grundschulgebäudes sowie um die Zukunft des Hettlage-Areals. Über dieses ganztägige, im Rathaus anberaumte Treffen hinaus hätten sich die Gemeinderäte laut Zipfel während seiner Amtszeit nur ein weiteres Mal, zum Thema Ortsmitten-Planung, in eine Wochenendklausur begeben. Entsprechend verständnislos reagiert er auf Faulhaber-Hobelsbergers Vorwurf, er habe die früher sporadisch abgehaltenen Treffen regelrecht "institutionalisiert". Gegen eine Klausurtagung zur Ortsmitte im Juli 2009 habe Faulhaber-Hobelsberger seinerzeit im Gemeinderat nichts einzuwenden gehabt, so Zipfel. Im Grunde sei eine Klausur auch lediglich ein "gemütliches Beisammensein ohne politische Willensbildung", für die das Öffentlichkeitsgebot der Gemeindeordnung nicht gelte. Das jüngste Vorgespräch habe er anberaumt, da sich abzeichne, dass die Gemeinde nicht die Bauschäden im alten Grundschultrakt beseitigen und zugleich das neue Rathaus bis 2020 wird bauen könne. Der ursprünglich noch für heuer geplante Bebauungsplan fürs Hettlage-Gelände sei durch konträre Forderungen zum Wohn-Gewerbe-Mix ausgebremst worden. All diese Themen, sichert der Rathauschef zu, würden in den nächsten Monaten offen im Rat diskutiert, was Faulhaber-Hobelsberger wiederum als "Scheindebatten" bezeichnet. Ihrem Antrag, einen Zwischenstandsbericht zum Ortsmitte-Verfahren von der nicht öffentlichen Tagesordnung der Juli-Sitzung auf die öffentliche zu bringen, sei der Gemeinderat anstandslos nachgekommen, greift Zipfel einen weiteren Kritikpunkt auf, der im Übrigen das Dilemma seiner Offenheits-Initiative zeige: Ohne Nennung der nicht öffentlichen Tagesordnungspunkte per Aushang und im Internet hätte Faulhaber-Hobelsberger gar keine Gelegenheit anzumahnen, was ihrer Meinung nach öffentlich diskutiert gehört, sprich: "Je mehr Transparenz, desto angreifbarer machen wir uns."

© SZ vom 24.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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