Neuried:Harmonie mit Misstönen

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Die Musikschule belastet zunehmend den Neurieder Haushalt

Von Julian Raff, Neuried

Grundsätzlich ist Bürgermeister Harald Zipfel (SPD) ebenso "glücklich über die Musikschule und was die Tolles machen", wie es Musikschulleiter Christoph Peters über die Wertschätzung aus dem Rathaus ist. In die Harmonie schleichen sich aber zusehends Misstöne: Mit 210 000 Euro zahlt die Gemeinde heuer der Bildungseinrichtung den höchsten Zuschuss in der 45-jährigen Geschichte. Deren finanzieller Unterbau bleibe aber labiler denn je, wie Leiter Christoph Peters und Andreas Porsch vom Trägerverein warnen - auch eine rund achtprozentige Erhöhung der Gebühren von September an ändere daran nichts. Der Punkt, an dem man die Lehrergehälter nicht mehr zahlen könne, ohne die Rücklagen anzugreifen, sei jedes Jahr früher erreicht, rechnet Porsch vor. Heuer war es demnach bereits im März so weit. Nun behaupten weder Zipfel, noch die sparsamsten Gemeinderäte, die Musikschule habe schlecht gewirtschaftet oder die Gemeinde übermäßig geschröpft. Immerhin finanziert sich der Unterricht zu gut 73 Prozent aus Gebühren, die Gemeinde übernimmt ein Fünftel der Kosten. Im Landesvergleich der Musikschulen steuerten 2014 die Schüler knapp die Hälfte bei, die Gemeinden 45 Prozent.

Unterschiedlich bewerten Kommunalpolitiker und Musikpädagogen vor allem den Wachstumskurs, mit dem die Musikschule auf stetig steigende Nachfrage reagiert, wobei Gastschüler aus der Landeshauptstadt oder anderen Gemeinden rund 13 Prozent höhere Gebühren bezahlen und so den Betrieb eher stützen als schwächen. Die Musikschule sei eine Einrichtung für die Neurieder geblieben, wie Porsch betont, allein rund 70 Prozent der hiesigen Grundschüler nähmen am vielfältigen Angebot teil. Ein "weicher Standortvorteil" für ganz Neuried, finden Porsch und Peters. Auch das angenehme Betriebsklima im Lehrerkollegium senke mittelbar die Betriebskosten. Peters konnte jedenfalls bis jetzt qualifizierte, motivierte Lehrerkollegen finden, obwohl das Salär unterm regionalen Schnitt liegt.

Solides, sparsames Wirtschaften ändere, wie Bürgermeister Zipfel beteuerte, nichts daran, dass die Musikschule mit derzeit über 1200 Schülern schlicht schneller wächst als die Gemeinde - ganz zu schweigen von den Gemeindefinanzen. Die jüngste Tariferhöhung für 130 Verwaltungsmitarbeiter und eine höhere Kreisumlage belasten den längst "auf Kante genähten" Neurieder Haushalt. Dennoch hatte der Bürgermeister den Räten vorgeschlagen, dem Drängen der Musikschulleitung nachzugeben und den Gemeindezuschuss auf 345 000 Euro zu erhöhen - zweifellos ein Kraftakt, der sich für die Musikschule allerdings doppelt auszahlen würde: Übernähme die Gemeinde 35 statt der bisherigen 20 Prozent der Personalkosten, käme die Einrichtung in den Genuss des vollen Staatszuschusses.

Aktuell zahlt der Freistaat diesen nur zu 75 Prozent aus. Peters und Porsch hoffen weiter auf eine, wie sie betonen, einmalige Aufstockung, die das Finanzfundament auf Jahre hin stabilisiere. Zipfel schließt nichts aus, pocht aber auf einen deutlichen Finanzierungsvorbehalt. Einen Schritt kommt die Gemeinde ihrer wichtigsten Kultureinrichtung neuerdings entgegen, indem Spenden nicht mehr mit dem Gemeindezuschuss verrechnet werden. Die Musikschule könnte also die 35-Prozent-Hürde mit privater Hilfestellung doch noch nehmen. Natürlich denkt man dort über Sponsoring-Initiativen nach, Stuhl-Patenschaften für die Sitzmöbel in der neuen Mehrzweckhalle sind ein erster Schritt, die Lehrergehälter dauerhaft an die Freigiebigkeit privater Gönner zu koppeln, erscheint Peters allerdings "unseriös". Auf dem Spiel stehe ein Bildungsangebot, das sich viele Neurieder bei weiter steigenden Gebühren wohl nicht mehr lange leisten könnten.

© SZ vom 13.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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