Es war keine Überraschung, dass der Kiesabbau im Forst Kasten das Schwerpunktthema der Bürgerversammlung in Neuried am Donnerstag werden würde. Während Bürgermeister Harald Zipfel (SPD) mit seiner klaren Haltung gegen jeglichen Kiesabbau im Wald das Wohlwollen des Publikums auf seiner Seite hatte, wurde Landrat Christoph Göbel (CSU) mit kritischen Fragen konfrontiert. Eines machte der Landrat klar: Auch wenn es künftig keinen Kiesabbau mehr im Forst Kasten geben sollte, sei das nicht zwangsläufig ein Gewinn. "Die Alternativen könnten schlimmer sein."
Es war die erste Bürgerversammlung, die in der neu eröffneten Mehrzweckhalle stattfinden konnte, rund 200 Neurieder waren erschienen. Die langersehnte Freigabe der Halle, der Neubau der Grund- und Musikschule, die neuen Wohnungen in zwei Baugebieten entlang der M 4, gehören zu den großen Neurieder Themen, über deren Status quo Zipfel berichtete. Doch keines davon wird derzeit so emotional diskutiert wie der Kiesabbau.
Zipfel räumte dem Thema viel Zeit ein. Er bezeichnete es als "fatal", wenn in Zukunft aufgrund des derzeit laufenden Ausschreibungsverfahrens zum weiteren Kiesabbau im Forst Kasten ein anderes Kiesunternehmen als die in Gräfelfing ansässige Firma Glück zum Zuge kommen würde - die Firma selbst ist ausgeschlossen von dem Verfahren.
Der abgebaute Kies würde dann mit Lkw aus dem Wald abtransportiert werden, nicht mehr über das unterirdische Förderband der Firma Glück. Zudem fragte er sich laut, wie das Gebiet im Forst Kasten überhaupt zum Vorrangebiet im Regionalplan werden konnte, schließlich handle es sich um Bannwald. Er forderte eine große Umweltverträglichkeitsprüfung für den Kiesabbau und versprach, sich dafür einsetzen, dass im Forst Kasten kein Kies mehr abgebaut werde und das Kiesvorranggebiet aufgehoben wird. Damit traf er den Nerv des Publikums und erhielt immer wieder Zwischenapplaus.
Im Gegenzug stellte der Landrat das Vorranggebiet nicht in Frage. Das unterirdische Förderband zur Firma Glück sei das entscheidende Kriterium gewesen, warum das Waldgebiet einst als Vorrangfläche im Regionalplan verankert wurde, denn dadurch werde der Kiestransport mit Lkw durch die Ortschaften vermieden. Deshalb werde das Landratsamt auch einen Auskiesungsantrag einer Firma, die das unterirdische Band nicht nutzen kann, nicht genehmigen, betonte er. Eine zusätzliche Erschließungsstraße oder ein weiteres Verarbeitungswerk werde es nicht geben. Eines macht Göbel besonders deutlich: Wenn der Kies nicht dort abgebaut werde, müsste er über weite Strecken mit Lkw ins Würmtal transportiert werden, auch durch Neuried. Das hielt der Landrat nicht für die bessere Alternative: "Ich bin gegen Kiesanlieferung, das ist nicht klimafreundlich." Die ersten Bürger verließen nach der Kiesdebatte bereits den Saal.
Auch andere Themen bewegen Neuried. Die angespannte Finanzsituation der Kommune spielt dabei immer eine Rolle. So sei damit zu rechnen, dass die Gemeinde auf vorgestreckten Kosten von 200 000 Euro, die in die neue Zwischendecke der Mehrzweckhalle geflossen sind, sitzen bleibe. Der Neubau der Grund- und Musikschule, der die Kommune finanziell mit mehr als acht Millionen Euro sehr belaste, und Investitionen in den Brandschutz verzögerten andere Projekte. Dazu gehört der Umbau der Ortsmitte und auch der Gautinger Straße, von dem zunächst nur ein Teil realisiert wird: Die Parksituation vor dem Café Vorort wird so verändert, dass Fußgänger künftig direkt am Café vorbeilaufen und nicht mehr hinter den geparkten Autos. Als Errungenschaft stellte Zipfel die neu entstehenden Wohnungen in den beiden Baugebieten entlang der Umgehungsstraße M 4 dar. Für 20 Prozent der neuen Wohnungen beim Jugendhaus konnte eine soziale Vergabe gesichert werden. Mieter zahlen künftig zwölf Euro pro Quadratmeter, das sei heute ein "Schnäppchen". Bei der Umsetzung des Radwegs nach Gauting entlang der M 4 hapere es gerade an rund 25 000 Quadratmetern Ausgleichsfläche, die für den zu rodenden Wald geschaffen werden müssen.
Ein Ärgernis wurde aus der Neurieder Elternschaft vorgebracht: Der Bus 260, der Neurieder Kinder ins Feodor-Lynen-Gymnasium nach Planegg bringt, erreiche die Schule oftmals zu spät, sagte eine Bürgerin. Am Haderner Winkel sei er bereits so voll, dass viele Schüler draußen bleiben müssten. Erst ab Dezember 2021 sei ganzjährig ein Verstärkerbus vorgesehen, kritisierte sie. Auf eine Neuerung müssen sich schließlich Neurieder Heckenbesitzer bald einstellen: Wenn sie den wiederholten Aufforderungen durch die Gemeinde, ihre Hecken zum Gehweg hin zu stutzen, nicht nachkommen, wird ein Bußgeld von 500 Euro fällig.