Neuhausen:Kohlrabi aus der Kiste

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Umweltfreundlicher Lieferservice: Johannes Schmid und Konstantin Deininger (rechts) mit Rad und Wagen. (Foto: Stephan Rumpf)

Konstantin Deininger und Johannes Schmid gründen in Neuhausen das Projekt "Öko-Esel" und wollen so die Nahversorgung im Viertel mit günstigen, biologischen Nahrungsmitteln voranbringen

Von Sonja Niesmann, Neuhausen

Noch trottet der "Öko-Esel" sehr gemächlich dahin. Drei Bestellungen waren es am ersten Freitag im Oktober, vier in der Woche darauf. Aber Konstantin Deininger und Johannes Schmid sind ja erst in der Aufbau- und Testphase ihres Projektes, der Nahversorgung mit günstigen, biologischen Nahrungsmitteln. Bestellen müssen die Kunden hauptsächlich im Internet, ausgeliefert wird umweltfreundlich mit Rad und Lastenanhänger. Langfristig wollen die beiden 26-Jährigen eine flottere Gangart anschlagen: einen richtigen Laden in Neuhausen eröffnen.

Das Modell "Mitgliederladen" hat Schmid als Soziologiestudent in Marburg kennengelernt: "Der war so beliebt, dass es eine Wartezeit von fast zwei Jahren gab für neue Mitglieder. Das ist eben eine ganz andere Atmosphäre als in einem Supermarkt." Zurück in München für ein Masterstudium konnte er seinen Freund Konstantin für die Idee gewinnen. "Das hat mich sofort angesprochen", bestätigt der Master-Student an der Hochschule für Philosophie, "ich hab' mich schon während meines BWL-Studiums für alternative Konzepte von Wirtschaft interessiert".

Der Öko-Esel zielt in etwa dieselbe Richtung wie der genossenschaftlich organisierte "Onkel Emma"-Laden, den vier Münchner in diesem Sommer im Lehel aufgemacht haben. Transparenz bei Lebensmitteln und Transportwegen, bewussteres Einkaufen, aber auch Kommunikation und Austausch. Bei Onkel Emma ist eine jedoch einmalige Einlage erforderlich, beim Öko-Esel dagegen wird es monatliche Mitgliederbeiträge geben, "die werden sich um die zehn Euro bewegen", erläutert Hannes Schmid.

Viel Arbeit haben er und sein Partner in den vergangenen Monaten in ihr Projekt gesteckt, das sie als "eine der komfortabelsten Alternativen zum herkömmlichen Einzelhandel" bewerben. Sie haben Kontakte zu Biobauern und Erzeugern geknüpft und sich für Tagwerk, eine regionale Genossenschaft zur Vermarktung von Bioprodukten, als Hauptlieferant entschieden. Sie haben einen günstigen Lagerraum in der Nähe des Rotkreuzplatzes aufgetan, deshalb siedeln sie ihr Vorhaben in Neuhausen an.

Und vor allem haben sie eine Webseite gestaltet, auf der alles aufgelistet ist, was sie im Angebot haben. Ob Fenchel oder Blumenkohl, Eier oder Honig, Brotaufstrich oder Pasta - "wir wollen, dass mehr Menschen sich biologische Lebensmittel zum günstigen Preis leisten können, ohne dass das auf dem Rücken der Produzenten ausgetragen wird", beschreiben sie ihr Motiv. Die Waren geben die Studenten deshalb nahezu zum Einkaufspreis weiter, bis auf zehn Prozent Aufschlag "für Schwund und Verderb" sowie fünf Euro für die Auslieferung.

Bestellt werden kann bis Donnerstagmittag, wer nicht gerne im Internet agiert, kann auch anrufen; ausgeliefert wird am Freitagnachmittag. Bis etwa Ende Oktober wollen die jungen Männer herausfinden, ob ihr "nicht profit- sondern verbraucherorientiertes und nachhaltiges Modell" den Neuhausern schmeckt. Dann, nach dieser Einführungsphase, müssen sich die Kunden entscheiden: Mitglied werden und weiter günstig einkaufen, oder nicht Mitglied werden, dann aber den handelsüblichen Preis bei Bestellungen bezahlen.

Weil die Auslieferung per Fahrrad ab einer gewissen Zahl Kunden an ihre Grenzen stoßen würde, wäre Schmids und Deiningers nächstes Ziel eine Abholstation in Neuhausen - so ihnen jemand bezahlbare Räumlichkeiten wie einen gut ausgebauten Keller oder eine Garage anbietet. Und irgendwann, hoffen die beiden Idealisten, reiten so viele Mitglieder mit dem Öko-Esel, dass alle laufenden Kosten gedeckt sind - und "wir auch für unsere Arbeit einen fairen Stundenlohn erhalten".

Mehr Informationen und Bestellung im Internet - www.oekoesel.de - oder Telefon 381 53 986.

© SZ vom 15.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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