Neuhausen:Hitzige Diskussion

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Die Stadtwerke stoßen bei der Standortsuche für ihre Gasheizwerke auf Widerstand

Von Sonja Niesmann, Neuhausen

Im Kreativquartier, beim Briefverteilzentrum an der Paketposthalle und an der Landshuter Allee 48 auf ihrem eigenen Umspannwerk-Gelände zwischen Nymphenburger und Leondrodstraße: Das sind die drei Areale in Neuhausen-Nymphenburg, die von den Stadtwerken München (SWM) derzeit daraufhin geprüft werden, ob dort neue, dezentrale Heizwerke gebaut werden können. Insgesamt stehen auf ihrer Liste zwölf Standorte im ganzen Stadtgebiet, an vier bis sieben sollen letztlich gasbefeuerte Heizwerke mit je 70 Megawatt Leistung zur Wärmeversorgung gebaut werden als Ersatz für den Kohleblock im Unterföhringer Kraftwerk, der einem Bürgerentscheid von 2017 zufolge im Jahr 2022 abgeschaltet werden soll.

Indiskutabel, irrational, geht gar nicht: So fielen die Kommentare in mehreren Stadtbezirken aus, in denen die beiden leitenden SWM-Mitarbeiter ihre Pläne bisher präsentiert hatten. Auch im Neuhauser Bezirksausschuss (BA) machten die zahlreichen Fragen und ersten Reaktionen in der jüngsten Sitzung die völlige Ablehnung der Stadtviertelvertreter deutlich. Das neue, Kreativquartier genannte Viertel solle ein "kultureller Hotspot" werden, erklärte CSU-Fraktionssprecher Leo Agerer: "Wie man auf die Idee kommen kann, dort so etwas hinzusetzen, ist mir schleierhaft." Auch an der Paketposthalle, die die Neuhauser gerne als Konzertsaal-Standort während der Gasteig-Sanierung gesehen hätten, stelle sich der BA nach wie vor "eine hochwertige kulturelle Nutzung" vor.

Und an der Landshuter Allee gebe es schon genug Schadstoffe, da brauche es nicht noch ein Heizwerk, das laut SWM Stickoxide und Kohlenmonoxid ausstößt. Außerdem hat sich die CSU, ergänzte Sabine Nasko, justament das Umspannwerkgelände, auf dem wegen eines geplanten Umbaus Fläche frei wird, als geeignet für ein neues, größeres Bürgerbüro auserkoren; es liegt nur einen kurzen Fußweg entfernt vom zu klein gewordenen Bürgerbüro an der Leonrodstraße. Nüchterne Antwort von Thomas Prein (SWM): "Wir wissen, dass wir an jedem Standort in Konkurrenz treten mit anderen Nutzungen."

Zwar erwarten die Stadtwerke die Stellungnahme der Bundesnetzagentur zur einer Abschaltung (oder Nichtabschaltung) des Kohlekraftwerks nicht vor 2019/2020, und neuerdings hieß es sogar 2021, aber wegen der langen Planungs-, Genehmigungs- und Bauzeiten müsse man sich rechtzeitig um Alternativen kümmern. Sonst drohten Versorgungslücken, bis dereinst die Geothermie den Grundbedarf an Wärme decken könne, betonten die SWM-Vertreter immer wieder. Eine Alternative, sollte der Kohleblock wirklich vom Netz gehen, wäre eine große Gas- und Dampfturbinenanlage auf dem Kraftwerksgelände in Unterföhring selbst. Dafür bräuchte es aber einen Bebauungsplan und eine Baugenehmigung von der Gemeinde, das könne also dauern. Daher haben die Stadtwerke parallel eine zweite Option entwickelt, die dezentralen Heizwerke.

Eine dritte Option deutete Leo Agerer an: "Der Bürgerentscheid, an dem sich ohnehin nur knapp über zehn Prozent der Münchner beteiligt haben, hat ja nur ein Jahr Bindung. Und wenn diese Planungen bekannt gewesen wären, wäre das Votum anders ausgefallen." Erst vor einigen Tagen aber versicherte Oberbürgermeister Dieter Reiter, er fühle sich auch nach Ablauf der Frist an das Votum der Bürger gebunden.

© SZ vom 30.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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