Neuhausen:"Hier wird nur über Fassaden geredet"

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Schick und grün: der Neubau an der Rupprecht-/Gabrielenstraße vom Innenhof aus gesehen. (Foto: Simulation: Landau + Kindelbacher)

Anwohner fordern bezahlbare und familientaugliche Wohnungen beim Neubauprojekt Ecke Rupprecht- und Gabrielenstraße

Von Sonja Niesmann, Neuhausen

In der Stadtgestaltungskommission ist das Wohnbauprojekt an der Ecke Gabrielen-/Rupprechtstraße auf einhellige Zustimmung gestoßen - keine einzige Gegenstimme, das kommt in diesem Expertengremium nicht oft vor. Von einem "Mehrwert für die Gesellschaft" war die Rede, von einem "Gewinn". Das ist aber die architektonische Seite. Einige Anwohner und auch einige Mitglieder des Neuhauser Bezirksausschusses (BA) richten den Fokus auf andere, ihnen wichtigere Aspekte. Werden das Miet- oder Eigentumswohnungen? Können sich Normalverdiener diese neuen Wohnungen überhaupt leisten? Und: Kommt hier die soziale Bodennutzung (SoBoN) zum Tragen, jenes Instrument also, das Investoren an den Kosten und Lasten für die kommunale Bauleitplanung beteiligt?

Hier werde "nur über Fassaden geredet", monierte eine Anwohnerin: "Mehrwert wäre für mich aber, dass Familien hier unterkommen und in diesem Viertel bleiben können, die jetzt bei uns im Haus mit vier Kindern in einer Dreizimmerwohnung leben." Ihrem Plädoyer, den geplanten Mix von einem Drittel Einzimmerwohnungen, einem Drittel Zweizimmerwohnungen und einem Drittel Wohnungen mit drei oder vier Zimmern zugunsten größerer Familienwohnungen abzuändern, schlossen sich sofort Anna-Lena Mühlhäuser (SPD) und Marianne Kreibich (Arbeitsgemeinschaft für Neuhausen) an.

In diesem frühen Stadium - die Lokalbaukommission prüft gerade erst den Vorbescheidsantrag - könne er zum Punkt Miet- oder Eigentumswohnungen noch nichts sagen, entgegnete Tim Wiesener vom Investor Horus Residential GmbH. Die Tochter der Salvis AG hat in München bereits einige große Büro- und Wohnprojekte realisiert, zum Beispiel den Edel-Gewerbebau "Nove" im Arnulfpark. Die Frage aus der Runde nach der SoBoN war dagegen schnell beantwortet: Dieses Instrument greife dort nicht, weil man sich in einem Gebiet ohne Bebauungsplan befinde, so Wiesener.

Platz für den Neubau - knapp 100 Wohnungen in einem fünfgeschossigen, L-förmigen Vordergebäude und einem viergeschossigen Rückgebäude - entsteht durch den Abriss eines Parkhauses mit 340 Stellplätzen an der Rupprechtstraße 22 und eines Innungsgebäudes an der Gabrielenstraße 3. Wo heute fast 100 Prozent des Areals versiegelt sind, werde es künftig lockerer und grüner durch einen großen Innenhof und Privatgärten, betonte Architekt Gerhard Landau, der das Projekt gemeinsam mit Wiesener in der BA-Sitzung vorstellte. Der Bezirksausschuss wünscht sich zudem, wo möglich, eine Fassadenbegrünung für ein besseres Stadtklima.

Zur Kritik am geplanten Wohnungsmix merkte BA-Chefin Anna Hanusch (Grüne) an, dass in München nicht nur Wohnungen für Familien mit mehreren Kindern, sondern auch Klein- und Kleinstwohnungen gebraucht werden. "Wir leben schließlich in der Hauptstadt der Singles." In diese Richtung argumentierte auch Wiesener, er verwies auf ein anderes Wohnbauprojekt der Horus an der Ismaninger Straße. Dort habe das Klinikum rechts der Isar mehrere Einzimmer-Apartments gekauft, um sie an Krankenschwestern zu vermieten.

Auf verbindliche Angaben zur Bauzeit wollten sich Wiesener und Landau in diesem frühen Planungsstadium nicht festlegen; erfahrungsgemäß könne man von etwa zweieinhalb Jahren ausgehen. Aufstöhnend schlug ein Anwohner aus einem Haus gegenüber die Hände vors Gesicht. "Ja, die Belästigung kann ich Ihnen nicht schönreden", räumte Landau ein, wenn man wohl auch manches zur Linderung tun könne, etwa beim Abriss des Parkhauses "mit Löschern und Staubschutzwänden zu arbeiten".

© SZ vom 27.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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