Neuhausen:Berlin muss handeln

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Lokalpolitiker streiten über Veranstaltung zur Zukunft der Eisenbahner-Wohnungen

Von Sonja Niesmann, Neuhausen

Was bringt es den Mietern in den Neuhauser Eisenbahnergenossenschaftswohnungen, wenn auf einer Diskussionsveranstaltung Abgeordnete quer durch alle Parteien sich zum drohenden Verlust von preisgünstigem Wohnraum äußern? Darüber ist sich der Bezirksausschuss Neuhausen-Nymphenburg in seiner jüngsten Sitzung in die Haare geraten. Während Oliver Belik (SPD) argumentierte, eine solche Veranstaltung - geplant für den 8. Oktober, also kurz vor der Landtagswahl in Bayern - könne auf allen Ebenen politisch Druck aufbauen, sah die CSU in der SPD-Idee eine auf Wählerstimmen schielende Veranstaltung - eine mit Steuergeldern finanzierte überdies, denn für die Saalmiete und eine professionelle Moderation will der BA bis zu 6000 Euro ausgeben. Das habe "a Gschmäckle", sagte Barbara Roth (CSU) spitz, und Fraktionssprecher Leo Agerer fand die zeitliche Nähe zur Landtagswahl unsinnig, weil "das ein Bundesthema ist". Der Grund, auf dem die Genossenschaftswohnungen stehen, gehört dem Bundeseisenbahnvermögen (BEV).

Vom Jahr 2025 an laufen die Erbpachtverträge aus. Die Eisenbahnergenossenschaft München-West könnte die Grundstücke kaufen, müsste aber für die zwei Areale mit etwa 500 Wohnungen zwischen Schluder-, Sedlmayr-, Donnersberger- und Schlörstraße den Marktpreis, 128 Millionen Euro, aufbringen - schlichtweg unbezahlbar. In den hellgelben Wohnblöcken geht seit Monaten die Angst um, vor der Übernahme durch Investoren, vor Abriss und Neubau mit extrem steigenden, für viele nicht mehr bezahlbaren Mieten. Eine Mieterinitiative hat eine Petition gestartet, in der die Bundesregierung aufgefordert wird, entweder die Gesetzeslage so zu ändern, dass das BEV nicht zum Höchstpreis verkaufen muss oder die Verlängerung der Erbpacht zu den alten Konditionen zu ermöglichen. Nicht nur die Eisenbahnergenossenschaft München-West steckt in dieser brisanten Situation, allein in München laufen bei sieben weiteren Eisenbahnergenossenschaften in den kommenden Jahrzehnten die Erbpachtverträge aus, bundesweit werden es noch viel mehr.

Das Problem müsse deshalb in den Berliner Ministerien gelöst werden, fand die Neuhauser CSU. Peter Loibl (Arbeitsgemeinschaft für Neuhausen/AGS) setzte mit seiner Kritik bei einem anderen Aspekt an: Nur Stellungnahmen von Landtags- oder Bundestagsabgeordneten seien ihm zu dürftig für eine Podiumsdiskussion: "Ich erwarte mir da auch Fachreferenten, die wirklich etwas Kompetentes sagen können." Könne man gerne drüber reden, nickte Belik. Eben, hakte die CSU ein, zuerst müsse mal ein anständiges Konzept vorgelegt werden, wie es bei allen anderen BA-Veranstaltungen auch Usus und gerade von der SPD gefordert sei. Diese paar Informationsschnipsel "reichen mir nicht, um 6000 Euro zu bewilligen", sträubte sich Wolfgang Schwirz. Nach einigen weiteren Schlenkern - etwa ob nun der Bundesverkehrsminister (CSU) oder der Bundesfinanzminister (SPD) den schwarzen Peter habe - bewilligte das Gremium schließlich gegen die Stimmen der CSU die Veranstaltung sowie das vorgeschlagene Budget von 6000 Euro.

© SZ vom 23.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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