Neuhausen:Alles in einer Hand

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Die Trägerschaft für das Kreativquartier soll dauerhaft auf die städtische Tochtergesellschaft Münchner Gewerbehof- und Technologiezentrum übergehen. Lokalpolitiker und Nutzer wollen Mitbestimmung einfordern

Von Sonja Niesmann, Neuhausen

Von ihren Vorstellungen eines Genossenschaftsmodells müssen sich die im Kreativquartier am Leonrodplatz ansässigen Künstler und Aktiven wohl endgültig verabschieden. Einstimmig hat sich der Kommunalausschuss dafür ausgesprochen, die Trägerschaft für das Kreativquartier der städtischen Tochtergesellschaft Münchner Gewerbehof- und Technologiezentrum (MGH) zu übergeben. Das schließt die Grundstücksverwaltung, die Immobilien- und Mieterbetreuung sowie die Weiterentwicklung des Areals ein - und zwar auf lange Sicht, nicht nur für die nächsten vier, fünf Jahre der kulturellen Zwischennutzung auf der 6000 Quadratmeter großen Brache entlang der Dachauer Straße, die durch den Abbruch der alten Lamento-Halle freigeworden ist.

Der Ausschuss beauftragte die Verwaltung, entsprechende Verhandlungen mit dem MGH aufzunehmen, diese Gesellschaft soll noch 2018 das Ruder übernehmen und auch ein Nutzungs- und Finanzierungskonzept für die Lamento-Fläche erarbeiten. Ihre Bedingungen hat die MGH bereits klar skizziert, wie der Beschlussvorlage zu entnehmen ist: Das Kreativlabor müsse sich langfristig selbst tragen, städtische Förderung durch höhere Mieten an anderer Stelle ausgeglichen werden. Der Betrieb müsse kostenneutral für die Gesellschaft geführt werden, sollte es Defizite durch Subventionen geben, seien diese aus dem städtischen Etat zu decken. Aus Sicht der Stadt liegt der Vorteil darin, dass alle Grundstücks- und Immobiliendienstleistungen in einer Hand gebündelt werden. Bislang sind vier städtische Referate, das Kompetenzteam Kultur und Kreativwirtschaft, ein Lenkungskreis und ein Beirat mit dem Kreativquartier befasst - was manchmal etwa zähe Abstimmungsprozesse zur Folge hat, nicht immer ganz rund läuft. Das MGH habe, heißt es in einer Stellungnahme der Stadt, langjährige Erfahrungen mit der Errichtung, Sanierung und Vermietung von Gebäuden, auch im kultur- und kreativwirtschaftlichen Bereich.

In der nordwestlichen Ecke des neuen Stadtquartiers - vom Architekturbüro Teleinternetcafé "Kreativlabor" getauft, heute unter "Kreativquartier" firmierend - arbeitet seit Jahren eine bunte Gemeinschaft in Ateliers, Werkstätten, Tanzbühnen, Theatern, Produktionsbüros, Einrichtungen der kulturellen Bildung und sozio-ökologischen Start Ups. Diese Zwischennutzungen und -nutzer werden, wie die Stadt immer wieder versicherte, berücksichtigt in der behutsamen Transformation zum Kreativlabor, an dessen Ende ein Nutzungsmix stehen soll aus 45 Prozent Kunst und Kultur, 25 Prozent Wohnen, 25 Prozent Gewerbe/Einzelhandel und fünf Prozent Sozialem. Allerdings hatten sich die Künstler ihre Berücksichtigung anders vorgestellt - als Partnerschaft auf Augenhöhe, mit Einfluss auf die Entwicklung des Geländes, auf die Bespielung der Lamento-Fläche, auf die neu dazu kommenden Nutzer. Als die Gewerbehof-Pläne vor Kurzem bekannt wurden, äußerten viele die Befürchtung, künftig werde auf dem Gelände mehr verwaltet als gestaltet.

Auch Anna Hanusch (Grüne), Vorsitzende des Bezirksausschusses Neuhausen-Nymphenburg, Stadträtin und Mitglied im Kommunalausschuss, hat leise Zweifel, ob die MGH-Konstruktion "die alleroptimalste Lösung ist" - aber nun sei eben eine "Richtungsentscheidung" gefallen. Immerhin sei festgehalten, dass die derzeitigen Nutzer und auch der Bezirksausschuss, die sich beide oft nicht ausreichend informiert, auch ausgebootet fühlten, stärker beteiligt würden im künftigen Entwicklungsprozess. "Wir müssen immer wieder möglichst viel Mitbestimmung einfordern, Impulse reingeben", kommentiert Hanusch. Möglicherweise könne es später dennoch einzelne Häuser geben, die sich, unter dem Dach der MGH, selbst verwalten, "so wie jetzt schon die Halle 6".

© SZ vom 13.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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