Nahverkehr in München:Bitte umsteigen!

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Ab 22. Juli heißt es in München wieder: Schienenersatzverkehr. (Foto: Deutsche Bahn)

Die Sanierung der S-Bahn-Stammstrecke geht in die zweite Runde. Vom 22. Juli bis Mitte Dezember müssen Fahrgäste wieder länger auf Züge warten oder auf Busse umsteigen. Spötter sagen bereits, dafür brauche man "ein MVV-Fahrgast-Abitur".

Von Marco Völklein

Schon im vergangenen Sommer hatten S-Bahn-Nutzer einige Herausforderungen zu meistern. Wegen Bauarbeiten hatte die Bahn an sieben Wochenenden die Stammstrecke gesperrt. Zwischen Pasing und Ostbahnhof fuhr nur die S 8, die Halte dazwischen wurden von Bussen angesteuert.

In diesem Jahr stehen weitere Sperrungen an - und die werden "noch komplexer und anspruchsvoller" als die im vergangenen Jahr, warnt S-Bahn-Chef Bernhard Weisser. Spötter sagen bereits, man werde "ein MVV-Fahrgast-Abitur" ablegen müssen, um alles zu verstehen.

Was genau macht die Sache in diesem Jahr so kompliziert?

2012 war das Ganze relativ übersichtlich: An allen sieben Bau-Wochenenden war die S-Bahn-Stammstrecke dicht. Nichts ging mehr. Heuer dagegen sieht es anders aus: Mal ist die gesamte Trasse zwischen Ostbahnhof und Laim dicht, dann nur der Abschnitt am Bahnhof Donnersbergerbrücke. Im Spätherbst schließlich können die Züge den Bereich zweigleisig passieren; ebenso in der Nacht. Für jede dieser Bauphasen haben die Planer der Bahn ein spezielles Konzept für den Ersatzverkehr ausgetüftelt. Das macht es so kompliziert.

Was wird überhaupt alles gebaut?

Die Modernisierung der Stammstrecke ist ein Mammutprojekt, das sich über mehrere Jahre hinzieht. Heuer steht vor allem der Umbau der Station an der Donnersbergerbrücke im Mittelpunkt; aber auch an den Tiefbahnhöfen in der Innenstadt sowie an den Gleisen im Tunnel wird gearbeitet (siehe unten). An der Donnersbergerbrücke will die Bahn unter anderem neue Aufzüge einbauen, Dächer und Bahnsteige sanieren und vor allem zusätzliche Zugänge zu den Bahnsteigen errichten. Die Arbeiten sind so umfangreich, dass die Gleise dort eben oftmals gesperrt werden müssen.

Wann geht es denn los mit den Bauarbeiten und den ersten Sperrungen?

Die ersten Auswirkungen werden die Fahrgäste im Nachtverkehr von etwa 22.15 Uhr an zu spüren bekommen - und zwar beginnend mit der Nacht vom 22. auf den 23. Juli. Von da an wird annähernd jede Nacht zwischen Ostbahnhof und Pasing nur noch alle 20 Minuten eine S-Bahn pendeln, zwischen Hackerbrücke und Ostbahnhof alle zehn Minuten. Die S-Bahnen von Osten kommend enden am Ostbahnhof, die von Westen fahren entweder nur bis Pasing oder direkt zur Haupthalle des Hauptbahnhofs. Die S 8 lässt vom Flughafen kommend den Halt Leuchtenbergring aus und biegt am Ostbahnhof auf den Bahn-Südring, um direkt nach Pasing zu rauschen.

Wann startet die erste Komplettsperre, die dann auch tagsüber gilt?

Die steht erstmals am Wochenende 3./4. August an. Sie beginnt bereits am Freitagabend, also am 2. August, um 22.15 Uhr. Dann ist zwischen Laim und Ostbahnhof kein S-Bahnverkehr mehr möglich. Ersatzbusse werden - je nach Tageszeit - alle fünf oder zehn Minuten (in der Nacht nur alle 15 Minuten) die Stationen dazwischen ansteuern. Einige S-Bahnlinien fahren von Westen kommend nur bis Pasing, andere direkt zum Hauptbahnhof (siehe Grafik). Das Ganze zieht sich bis Montagfrüh, 4.45 Uhr. Und dauert, wie gesagt, vier Wochenenden hintereinander an - also bis zum Wochenende 24./25. August. Dann, so hofft die Bahn, sind die Arbeiter so weit, dass "Phase 1" der Baumaßnahme beendet sein wird. Die beiden nächsten Phasen folgen mit etwas Abstand.

Warum starten die Ersatzbusse heuer in Laim und nicht in Pasing?

Im vergangenen Jahr mussten die Fahrgäste aus Westen kommend in Pasing in die Ersatzbusse umsteigen; dort aber habe sich mittlerweile wegen der Trambaustelle "die Verkehrssituation verschlechtert", sagt S-Bahnchef Weisser. Daher habe man sich entschieden, den Umsteigeknoten nach Laim zu verlegen. Dort müssen die Fahrgäste allerdings 250 bis 300 Meter marschieren, um zu den Bushaltestellen nördlich des S-Bahnhofs zu gelangen. Aus einem ähnlichen Grund machen die Busse übrigens auch einen Bogen um den Marienplatz: Der Komplettumbau des Tals macht es laut Weisser fast unmöglich, Münchens zentralen Platz mit Bussen anzusteuern.

Wie viele Busse sind im Einsatz?

Etwa ein Drittel weniger als im vergangenen Jahr, sagt Weisser. Damals seien viele Ersatzbusse nur halb voll gewesen. "Wir hatten ein deutliches Überangebot." Den Münchner Fahrgastverbänden dürfte das gar nicht gefallen. In einem anderen Punkt aber hat Weisser die Kritik der Verbände aufgegriffen und reagiert: Anders als im vergangenen Jahr sollen an einigen Bahnhöfen (unter anderem in Laim, an der Donnersbergerbrücke und am Odeonsplatz) mobile Verkäufer Einzelfahrscheine, Streifenkarten und Tagestickets anbieten. So sparen sich die Fahrgäste zumindest den Umweg zum Automaten am Bahnsteig.

Was kommt im Laufe des Jahres noch alles auf die Fahrgäste zu?

Wie gesagt, die Bahn hat die Baumaßnahmen in mehrere Phasen eingeteilt. Von Ende August an bis Mitte September greift "Phase 2" des Baustellenkonzepts - dann werden jeweils an den Wochenenden Ersatzbusse zwischen Laim und Hackerbrücke fahren; zwischen Hackerbrücke und Ostbahnhof gibt es eine Pendel-S-Bahn. "Phase 3" schließlich gilt ebenfalls an den Wochenenden von Mitte Oktober bis Anfang Dezember: Dann fahren die Pendelbahnen zwischen Ostbahnhof und Pasing; Ersatzbusse werden in dieser Phase überhaupt nicht mehr zum Einsatz kommen.

Und was gilt während der Wiesn?

Das Oktoberfest ist nicht nur für die Bahn, sondern auch für die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) ein riesiger Kraftakt. Deshalb haben die Bahner die Bauarbeiten so getaktet, dass während der Wiesn nicht gebaut wird. Der Nachtverkehr läuft nach Fahrplan, ebenso gibt es keine Sperrungen an den Wochenenden. "Andernfalls wäre der Oktoberfestverkehr nicht zu beherrschen", sagt der S-Bahn-Chef.

Welche Alternativen gibt es noch?

Wer die Ersatzbusse meiden will, kann auf die U 5 ausweichen. Weisser hat bei der MVG zusätzliche Züge bestellt. Eine weitere Alternative sind auch die Regionalzüge vom und zum Hauptbahnhof.

Wie informiert die Bahn?

Mit Aushängen und Ansagen, zudem werden Helfer 300 000 Infoblätter verteilen. Etwa 400 Servicemitarbeiter sollen an den Sperr-Wochenenden im Einsatz sein. Zudem sollen heuer größere und auffälligere Schilder den Weg zu den Bussen weisen.

Drohen 2014 weitere Sperrungen?

Oh ja, zumindest im ersten Halbjahr werden die Fahrgäste erneut an einigen Wochenenden Umwege in Kauf nehmen und auf Busse umsteigen müssen, weil die Arbeiter erneut an der Donnersbergerbrücke werkeln werden. Genaueres könne er derzeit noch nicht sagen, erklärt Weisser. Aber er verspricht: "Danach ist Schluss."

© SZ vom 05.06.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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