Nein, ein Schreiner sollte es nicht werden, auch kein Dachdecker, Sanitärfachmann oder Kaminkehrer. Heinrich Traublinger, jahrzehntelang Präsident der Handwerkskammer für München und Oberbayern und Präsident des Bayerischen Handwerkstag (BHT), wollte einen Nachfolger aus seiner Branche, der Lebensmittelbranche: Auf den Bäckermeister sollte ein Metzgermeister folgen. Traublinger, langjähriger CSU-Kommunal- und Landespolitiker und gewiefter Taktiker, zog Ende 2013 im Hintergrund die Fäden, nur wenige waren eingeweiht. Georg Schlagbauer, CSU-Stadtrat wie Traublinger in jungen Jahren und Landesinnungsmeister der Metzger, sollte sein Nachfolger werden.
Und da wollte Traublinger Querschüsse anderer Innungen verhindern - immerhin war sein Wunschkandidat erst 42 Jahre alt, bayernweit nicht über die Maßen bekannt, und die Fußstapfen, die Multifunktionär Traublinger hinterließ, waren enorm groß. Mit "überwältigender Mehrheit", wie es damals hieß, entsprach die Vollversammlung der Kammer Ende Juli 2014 dem Wunsch ihres Ex-Chefs. Im Oktober des gleichen Jahres wurde Schlagbauer dann auch zum BHT-Präsidenten gewählt - obwohl es in den Wochen zuvor in den anderen Bezirksverbänden Diskussionen darüber gab, ob schon wieder ein Oberbayer oberster Handwerker im Freistaat werden sollte.
Die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den CSU-Politiker, der für das Oktoberfest zuständig war. Es ist auch von offenen Rechnungen und Kontakten ins Rotlichtmilieu die Rede.
In Schlagbauers kurzer Amtszeit zeigte sich, dass er doch größere Schwierigkeiten hatte, aus dem Schatten Traublingers zu treten. Auch deswegen, weil sein Vorgänger in den ersten Monaten noch häufig als graue Eminenz des bayerischen Handwerks öffentlich auftrat. Schlagbauer war als neuer Handwerkskammer-Präsident innerhalb der Organisation nicht unumstritten, er soll recht eigenmächtige Personalentscheidungen getroffen haben.
Wie man hört, soll sogar Vorgänger Traublinger nicht mehr recht glücklich über seinen Nachfolger gewesen sein. Er erkannte offensichtlich, dass Schlagbauer doch etwas jung und unerfahren für die Aufgaben war. Auch wenn Schlagbauer eine turbomäßige Funktionärskarriere hingelegt hat, soll er immer ein wenig darunter gelitten haben, dass sein Vater in der Metzgerei immer noch der Chef war. Ein wirklich gestandener Unternehmer mit einem großen Betrieb wie Bäckermeister Heinrich Traublinger war und ist er nicht. Zudem sollen die Metzgereien, mit einer Filiale am Viktualienmarkt, nicht sehr gut laufen.
In seiner kurzen Amtszeit als Wiesnstadtrat hatte Schlagbauer vor allem den Wiesnwirten und Schaustellern zu vermitteln, warum die Stadt mehr unreservierte Bereiche in den Zelten wollte und die Mindestabnahme begrenzte, bei der manche Wirte gern ein bisschen kräftiger hinlangten. Schlagbauer war bei öffentlichen Terminen, sowohl in seiner Funktion als Politiker wie auch als Handwerkslobbyist, nie der Scharfmacher, sondern trat meist bescheiden auf.
Bei Podiumsdiskussionen blieb er in der Regel sachlich. Besonders freute es ihn, wenn er Klischees nicht entsprach. Gern erzählte er die Anekdote von jener Podiumsdiskussion, bei der ihn die ehemalige Bundeslandwirtschaftsministerin Renate Künast (Grüne) wegen der CSU-Agrarpolitik hart anging: "Als ich ihr dann sagte, dass ich als Metzger nur Fleisch aus artgerechter Tierhaltung verkaufe, fiel ihr nichts mehr ein", erzählte er, "das hat sie wohl von einem CSUler nicht erwartet."
Bei der Handwerkskammer und dem BHT müssen jetzt erst einmal die Stellvertreter ran: Franz-Xaver Peteranderl, Bauunternehmer aus Garching, und Georg Haber, Präsident der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz.
