Münchner "Würstl-Tag":Fünf Liebeserklärungen an die Wurst

Auf dem Viktualienmarkt gibt es Grund zu feiern: Die Metzgerzeile wird 700 Jahre alt. Fünf bekannte Münchner sprechen deshalb über ihr Verhältnis zur Wurst.

Von Philipp Crone und Franz Kotteder

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(Foto: Stephan Rumpf)

Kathrin Müller-Hohenstein stammt aus Erlangen, sie hat lange für Radio Gong in Nürnberg gearbeitet, ehe sie als 27-Jährige nach München kam. Überrascht es da, dass ihre Lieblingswurst aus Franken stammt? "Ganz klar: Drei im Weggla", sagt Müller-Hohenstein, also drei Nürnberger Rostbratwürste in der Semmel, garniert mit mittelscharfem Senf. Deshalb für alle Oberbayern hier ihr Crashkurs in Sachen Drei im Weggla: "Oft habe ich mich gefragt: Warum eigentlich drei? Eine wäre traurig, klar. Zwei sind zu wenig für so viel Semmel, und vier, da würde immer eine rausfallen. Deshalb drei." Weil der Franke so pragmatisch wie klug ist, würden die Würste eingeschweißt in Zwölfer-Portionen verkauft, berichtet die ZDF-Sportmoderatorin. Und die richtige Zubereitung? "In die Pfanne, die drehen sich ja sogar von selbst, man muss nur ab und zu ein bisschen die Pfanne ruckeln." Weil in München allerdings "richtig gute frische Würste" nicht so leicht zu kriegen seien, sei das erste, was sie in Nürnberg mache, der Gang zum Wurststand, sagt Müller-Hohenstein. "Drei im Weggla. Nur bleibt es nie dabei, es werden fast immer sechs in zwei Weggla."

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(Foto: Catherina Hess)

Ganz klar, Blut- und Leberwürste sind die Favoriten von Hubertus Buckl, einer der beiden Chefköche im Restaurant Halali in der Schönfeldstraße 22. "Die stellen wir in reiner Handarbeit her, hier bei uns im Haus", sagt der 54-Jährige gelernte Metzger und Koch. Mit Leberwurst hat er es besonders, "an den feinen Duft kann ich mich noch gut aus meiner Metzgerlehre vor fast 40 Jahren erinnern". Die Leberwurst gibt's im Halali vorneweg, die kleinen Blutwürste stehen ganz normal auf der Karte des Lokals, das vor 34 Jahren als Restaurant mit Schwerpunkt Wild anfing und heute, unter der Leitung von Buckl und seines Geschäftspartners Hans Reisinger, mit dem Slogan wirbt: "Nur Wild war gestern". Die hausgemachten Würste enthalten weder Konservierungsstoffe noch Emulgatoren oder Geschmacksverstärker. Aber was ist drin? In der Blutwurst nur wenig Blut, dafür Fleisch, Zwiebeln, Majoran, Röstzwiebeln, Äpfel, Knoblauch, Pökelfleisch vom Schweinekopf - alles nicht zu fett und nicht zu mager. Kräuter, Knoblauch und Zwiebel finden sich auch in der Leberwurst, für die Buckl gerne Geflügel- statt Schweineleber nimmt.

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(Foto: Stephan Rumpf)

Die Kabarettistin Luise Kinseher lebt seit knapp vier Jahren vegetarisch und scheidet somit als Wursttesterin eigentlich von vornherein aus. Schon deshalb, weil sie auch von veganen Würsten nicht allzu viel hält. Trotzdem fällt ihr sofort etwas ein, wenn es um die Wurst geht: "Ich erinnere an die gute alte Erbswurst", sagt sie, "die eiserne Reserve für den Fall, dass gar nichts mehr im Kühlschrank ist!" Als eiserne Ration war die Erbswurst, die portionsweise in Wasser aufgelöst und erhitzt wird, auch gedacht. Der Berliner Koch und Konservenfabrikant Johann Heinrich Grüneberg hat sie 1867 entwickelt und an die preußische Armee verkauft. Ursprünglich bestand sie aus Erbsenmehl, Rinderfett, Speck, Speisesalz, Zwiebeln und Gewürzen. Heute ist die Zutatenliste länger - Geschmacksverstärker, Aroma und Hefeextrakt sind unter anderem auch noch dabei. Man kann daraus schon ersehen, dass Erbswurst erstens eine Suppe und zweitens nicht vegetarisch ist. "Eine einzige Mogelpackung ist das", sagt Kinseher, "da freut man sich als Vegetarierin schon, und dann ist's wieder nichts."

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(Foto: Robert Haas)

Staatsintendant Martin Kušej ist gebürtiger Kärntner und war vor einem Jahr auch als Intendant für das Wiener Burgtheater im Gespräch. Dabei sind Wiener, die in Wien bekanntlich Frankfurter heißen, gar nicht seine Lieblingswürste. "Ich liebe eine gute Currywurst, wenn es mal schnell gehen muss und ich keine Zeit habe, groß aufzukochen", sagt er, "eine gute Wurst muss einfach frisch und aus guten Zutaten sein, nicht aus der Chemieküche, sondern direkt vom Metzger." Kušej kennt sich nicht nur beim Theater, sondern auch in der Küche aus, er ist begeisterter Hobbykoch und lässt die Resi-Zuschauer auch daran teilhaben. Denn regelmäßig veranstaltet er zusammen mit dem Münchner Spitzenkoch Holger Stromberg im Marstall ein "Guerilla Cooking", zu dem man per SMS eingeladen wird, wenn man im Resi seine Telefonnummer hinterlassen hat. Diese Zusammenarbeit erklärt vielleicht, warum Martin Kušej Strombergs Currywurst gleich dermaßen euphorisch über den Schellenkönig lobt. "Holgers Currywurst ist Fast Food ohne schlechtes Gewissen: Biofleisch ohne Geschmacksverstärker, Zusatzstoffe oder andere komische Sachen. Einfach eine verdammt gute Wurst aus guten Zutaten." Auch die Currypulver - von "harmlos" bis "scheiße scharf" - sowie die Sauce seien von Stromberg persönlich entwickelt, so der Werbetrommelrührer Kušej, "und das schmeckt man".

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(Foto: Stephan Rumpf)

Die Münchner Sozialreferentin muss nicht lange überlegen, was ihre Lieblingswurst ist. "Debrecziner, ganz klar!", sagt Brigitte Meier, "die kann man mit Sauerkraut essen oder auch mit Kren oder Senf, das passt hervorragend." Debrecziner seien zusammen mit einer Semmel oder Breze bestens geeignet als schnelle Mahlzeit zwischendurch, wenn der Terminplan mal wieder arg eng gestrickt ist oder unvorhergesehene Ereignisse die Mittagspause auf ein Minimum verkürzen. "Das machen wir manchmal auch daheim, wenn's pressiert." Und gelegentlich nimmt sie sich auch morgens auf dem Weg ins Büro ein paar mit: "Von einem Brotzeitmetzger in Faistenhaar, der hat die besten." Ihre Vorliebe rührt aus der Kindheit, sagt Meier: "Bei uns gab's damals an Weihnachten vor der Bescherung immer Wiener und Debrecziner, so etwas bleibt natürlich im Gedächtnis." Schon damals schätzte sie die Debrecziner am meisten, wegen des charakteristischen, würzigen Paprikageschmacks: "Dagegen sind viele andere Würste halt einfach nur lätschert."

© SZ vom 18.7.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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