Münchner Momente:Von Bällen und Tieren

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Der Tierpark hat seinen neuen Zoo-Podcast "Mia san Tier" getauft. Ob er allerdings die Tragweite dieser Namensgebung wirklich bedacht hat?

Kolumne von Karl Forster

Es ist im leicht überbordenden Selbstverständnis des Fußballvereins FC Bayern nur logisch, dass er sich, als einziger Erstligist, gleich ein ganzes Bundesland, ja gar einen Freistaat, als Namenspatron erwählt hat. Da nimmt es nicht wunder, wenn er mit dem Spruch "Mia san mia" signalisiert, dass die Conclusio lautet "Und die andern san die andern", worunter also der Rest der mindestens bundesdeutschen Fußballwelt zu verstehen ist. Nun hat allerdings SZ-Kollege und Bavariologe Hans Kratzer den Spruch "Mia san mia" vor einiger Zeit schon in einem tiefschürfenden Aufsatz als Losung der K.-u.-k.-Armee zu Zeiten Kaiser Franz Josephs (eines Österreichers!) ausgemacht und auf eine möglicherweise sogar noch älterer Provenienz verwiesen (ein Mönch schrieb im 8. Jahrhundert: "Stulti sunt Romani, sapientes sunt Paioari" - dumm sind die Römer, klug die Bayern). Was den Schluss zulässt, dass "Mia san mia" kein Copyright-verbrieftes Eigentum des Fußballvereins von der Säbener Straße ist und folglich der Allgemeinheit zur Verfügung steht.

So gesehen hat Münchens Tierparkdirektor Rasem Baban nicht Unrechtes getan, als er den neuen und angeblich bundesweit noch einzigen Zoo-Podcast aus Hellabrunn auf "Mia san Tier" taufte. Ob er allerdings die Tragweite dieser Namensgebung wirklich bedacht hat?

Es ist ja so, dass berühmte bajuwarische Sprachschöpfungen gerne ge- und noch gerner missbraucht werden. Man denke nur an das berühmte "Ozapft is" des Oberbürgermeisters. Welch Verballhornung musste der Spruch als Überschriften-Gag auch schon in dieser Zeitung erleiden! Und nun also "Mia san Tier". Unabhängig davon, dass rein grammatikalisch betrachtet hier ein eindeutiger Plural-Singular-Fehler vorliegt (und dass es, korrekt bairisch, nicht "Tier", sondern "Tia" heißen müsste), kann man angesichts der Population des Tierparks Hellabrunn ("740 Arten, 18 000 Individuen" meldet die Pressestelle) davon ausgehen, dass in dem Spruch auch Affen, Esel und Schweine impliziert sind; Viecher also, die es durchaus auch in Menschengestalt gibt. Sogar beim FC Bayern. Man denke nur an den künftigen Vorstandsvorsitzenden des Clubs, dem manch Kommentator zu dessen aktiver Zeit eine geradezu "affenartige Geschwindigkeit" beim Ballfangen angedichtet hat.

© SZ vom 14.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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