Münchner Momente:Schweinemörder am Gemüsegrill

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Grillpartys haben Tücken, zum Beispiel SUV's, Auberginen, laktosefreie Buttermilch und kaufmännisch gewiefte Metzger

Von Wolfgang Görl

Zehnmal war es gelungen, die von diversen Freunden ausgesprochenen Einladungen zur sommerlichen Grillparty mit guten Ausreden auszuschlagen, beim elften Mal gab es kein Entrinnen. Ein alter Kumpel hatte geladen, einer, der immer treu und brav Schmiere gestanden hatte, wenn es galt, bei den Fahrrädern unserer Lehrer die Luft herauszulassen. So einem gibt man keinen Korb, zumal er jetzt selber Lehrer ist - bei Montessori, was irgendetwas Italienisches sein muss. Zudem hat er Familie und einen tollen Vorgarten, fast so groß wie ein Saunahandtuch.

Einen Haken hatte die Sache: Man möge, hieß es, sein Grillgut selbst mitbringen, für Getränke hingegen sei gesorgt. Da traf es sich gut, dass der Metzger des Vertrauens 20 Cent Rabatt gewährte, wenn man ihm statt zwei Paar Schweinswürstl zehn Paar abkaufte. Das sind zwar ein bisschen viel für eine Person, andererseits kann man mit der Wurstüberfülle dezent demonstrieren, dass man es im Leben zu was gebracht hat. Notfalls findet sich bei solchen Grillfesten immer jemand, der für vier Schweinswürstl ein Schweinenackensteak herausrückt.

Der alte Kumpel hatte gut ein Dutzend Paare eingeladen, Kollegen wahrscheinlich, deren SUVs die Strecke entlang der Gartenhecke nach Art einer Panzersperre verbarrikadierten. Merkwürdig war, dass die Frage, wo das Bier sei, den Gastgeber zu einem Stoßseufzer veranlasste, auf den die Mitteilung folgte, es gebe kein Bier, aber im Kühlschrank stünden Smoothies und laktosefreie Buttermilch. Ans Grillen war auch nicht zu denken, denn der Rost war bereits vollständig belegt - mit Folienkartoffeln, Tofuspießen, Auberginen, Maiskolben, Lauchstangen und exotischen Blättern, die man offenbar im Botanischen Garten geraubt hatte. Als unsereins die Würstchen auspackte, fiel eine Frau in Ohnmacht, drei der Gäste ergriffen die Flucht und die übrigen skandierten Schmähparolen, wobei "Schweinemörder" noch die freundlichste war. Der, zugegeben, etwas hilflose Versuch, ein Paar Schweinswürstl gegen ein Zucchiniröllchen zu tauschen, scheiterte kläglich, und als die ersten Grilltomaten als Wurfgeschosse zum Einsatz kamen, war es Zeit für den Rückzug. Auch der verlief unglücklich. Jemand hatte die Fahrradreifen aufgestochen.

© SZ vom 03.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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