Münchner Momente:Schlachtschürzen zu Ballkleidern

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Der Münchner Fasching wird oft als langweilig gescholten. Dabei gibt es Dutzende Bälle. Aber auf welchen soll man gehen?

Von Andreas Schubert

Der Münchner Fasching wird oft als langweilig gescholten. Dabei gibt es in der Stadt Dutzende Bälle, viele davon steigen im Bayerischen Hof, der derzeit locker auch als Närrischer Hof durchgeht. Aber auf welchen Ball soll man nun gehen?

Auf den Medizinerball vielleicht, um nebenbei gleich einen Termin beim Orthopäden für 2017 auszumachen? Ist der Steuerberaterball vielleicht spannender? Man stelle sich nur die Gaudi vor, wenn der Herr Müller von der Steuersozietät Bla mit der Frau Meier von der Steuerkanzlei Blubb nach fünf Gläsern Schampus darüber diskutiert, ob das Zimmer, das man gleich zusammen nehmen werde, nun als Betriebskosten abzusetzen ist oder als außergewöhnliche Belastung. Oder ist der Bal paré de Charcutier vielleicht schöngeistiger? Der klingt ja schon so schön nach Fronkreisch, Bildungsbürgertum und nach Menschen, mit denen man bei einem gepflegtem Glas Château Pichon-Longueville-Comtesse de Lalande gemeinsam über den Verfall der Immobilienpreise an der Côtes d'Azur jammern kann.

Eingeweihte wissen, dass dahinter der traditionelle Metzgerball steht. Aber warum der französische Name? Weil Bal paré Dingsbums andere Assoziationen weckt als Metzgerball und man vermeiden will, dass irgendwelche Spaßvögel schlechte Witze machen? Als sich ein Kollege vor vielen Jahren dazu hinreißen ließ, über Metzger zu lästern, die zu Schmalzmusik aus Abrahams Wurstkessel ihre Keulen übers Parkett schieben und dann die Sau rauslassen, war die Innung über diese allzu billigen Wortspiele ziemlich aufgebracht. Um den Ärger aus der Welt zu schaffen, trafen sich Vertreter von Redaktion und Innung zum Gespräch, die Zeitung spendierte Weißbier, die Metzger Weißwürste. Nur der Witzbold, dessen Zeilen für das Zustandekommen der geselligen Runde erst gesorgt hatten, war nicht eingeladen. Den, so erklärte damals die Innung, würde man nicht mal im Presssack verwursten. Was das über die Qualität des Münchner Presssacks aussagt, sei dahingestellt. Aus der damaligen Reaktion lässt sich aber eine noch heute gültige Wahrheit herauslesen: Beim Fasching hört der Spaß auf. Daran zu zweifeln wäre wirklich närrisch.

© SZ vom 19.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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