Münchner Momente:Rührung bis zum Stromausfall

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Machen wir das Beste aus dem Rest des Jahres: Es hat für Betriebs- und Familien-Weihnachtsfeiern noch einiges zu bieten

Glosse von Andreas Schubert

Falls es schon wieder alle vergessen haben: Heuer ist laut dem chinesischen Horoskop das Jahr der Ratte. Über dieses war vorab im sich nie irrenden Internet unter anderem zu lesen, dass es kreative Energie bringen und glücklich machen werde. Das mit dem Glück ist dann doch nicht so gelaufen, wie angekündigt. Die Astrologen hatten nicht erwähnt, dass Ratten auch fiese Krankheiten übertragen können.

Kreativität aber spross in vielen Lebensbereichen durchaus, wenn auch notgedrungen. Schanigärten, Pop-up-Radwege, ein Riesenrad am Königsplatz - so etwas Verrücktes wäre den Münchnern in normalen Zeiten niemals eingefallen. Momentan ist das alles wieder Geschichte, und aktuell scheint das kreative Pulver verschossen zu sein, oder zumindest vom Herbstnebel angefeuchtet. Denn so richtig zündende Ideen gibt es offenbar nicht, wie man über diesen Winter kommen soll - außer mit zusperren und ausfallen lassen.

Aber gut, es hilft nix. Machen wir das Beste aus dem Rest des Jahres, es steht ja noch so einiges an. Zum Beispiel die Betriebsweihnachtsfeier. Weil es in diesem verratzten Rattenjahr noch ein wenig Restkreativität gibt, kursieren im Netz einige Vorschläge für Online-Feiern mit Team-Building-Charakter. Spesen für Plätzchen rechnet man über die Kostenstelle ab, und es dürfte kaum etwas Besinnlicheres geben, als wenn einem die Chefetage vor künstlichem Christkindlmarkthintergrund am Bildschirm "O du fröhliche" vorträllert. Wem da beseelt der Glühwein hochkommt, braucht nur einen Stromausfall vorzutäuschen. Hat allerhand Vorteile, so ein virtueller Adventsspaß. Der Nachteil ist nur, dass man sich schlecht herausreden kann, man habe etwas Wichtigeres vor - gibt ja nix.

Wenn es - je nach Sichtweise - gut oder schlecht läuft, wird die Familienweihnacht ähnlich ablaufen. Es wird viele Tränen der Rührung geben und den ein oder anderen Stromausfall. Und man wird den Februar herbeisehnen, wenn das Jahr des Büffels beginnt. Es soll - jetzt ganz fest dran glauben - ein glückliches werden.

© SZ vom 25.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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