Münchner Momente:Musik zum Träumen

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Am Hauptbahnhof steht jetzt ein Klavier. Das zaubert ein Lächeln auf die Gesichter

Von Karl Forster

Es steht ein bisschen versteckt hinter einer Wand an der Südseite der großen Halle im Hauptbahnhof. Schwarz glänzt der mächtige Korpus, der Deckel ist aufgeschlagen, die weißen und schwarzen Tasten laden ein zum Spiel. "Herzlich willkommen!" Das Klavier in diesem kleinen, fast intimen neuen Warteraum (er heißt offiziell Aufenthaltsbereich, aber das ist ein allzu hässliches Wort) hat das Bahnhofsmanagement aufstellen lassen, auf dass sich der Gast spielend wohlfühle. Rechts vom Eingang ist eine Mini-Eisenbahn von Fleischmann installiert, über einen Trafo kann man eine Lokomotive schnell oder langsam im Kreis fahren lassen. Zwei kleine Installationen, die den Gast der Deutschen Bahn, egal ob er wegfahren will oder auf jemanden wartet, der ankommt, zum Träumen verführen. Auf die sich anbietende Häme, hier Verspätungen abzuwarten, verzichten wir, dazu ist der Einfall zu sympathisch.

Wer ein paar Tasten zum Wohlklang bringt, erntet überraschtes, aber freundliches Lächeln von Umsitzenden. Trotzdem braucht es wohl ein bisschen Mut, musikalische Träume den Ohren Fremder zuzumuten. Dabei sind Eisenbahn und Bahnhöfe im Kanon der moderneren Musikgeschichte bestens vertreten. Von "Another Town, Another Train" von Abba bis "Zion Train" von Bob Marley reicht die Literatur, dazwischen liegen "Take The A-Train", gespielt von Count Basie et alii, oder "Nighttrain" von Guns N' Roses und natürlich "Long Train Running" in der unglaublich treibenden Fassung der Doobie Brothers.

Und doch sind es die Rolling Stones, die perfekt in dieses hektisch-verlorene Ambiente des Münchner Hauptbahnhofes passen. "Take me to the station and put me on a train", singt Mick Jagger; "I've got no expectations to pass through here again ..." Neben dem Klavier im Bahnhof ist eine Tastatur mit vier Emojis angebracht, von Lachen bis Merkelmundwinkel. Der zweite von links bedeutet Lächeln. Das ist der richtige hier.

© SZ vom 25.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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