Münchner Momente:Mensch statt Maschine

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Die Digitalisierung macht auch vor der Gastronomie keinen Halt. Einst gab es in München das La Baracca, in dem die Gäste auf Tablets bestellen konnten. Nun gibt es andere, die das Bestellen und Bezahlen per App anbieten. Nicht immer führt das zum gewünschten Ergebnis

Kolumne Von Laura Kaufmann

Es war einmal, vor nicht allzu langer Zeit, ein Restaurant in München. Es nannte sich La Baracca, und es war der heißeste Scheiß, weil dort auf Tablets bestellt wurde. Die Menschen kamen, tippten auf dem Touchscreen herum, sie waren fasziniert. Bald jedoch ließ die Euphorie nach, wie bei einem Kind, dass sich von einem effekthaschenden Weihnachtsgeschenk abwendet. Die Speisen, die mittels Elektronik geordert wurden, waren dürftig portioniert und hatten stolze Preise. Härter aber traf die Gäste, dass die Gerichte nie gleichzeitig mit denen ihrer Freunde kamen, auch wenn sie gleichzeitig auf "Bestellen" getippt hatten. Drei Jahre nach der Eröffnung musste das La Baracca die Räumlichkeiten am Maximiliansplatz verlassen.

Heute, beinahe ein Jahrzehnt später, könnte man meinen, das La Baracca wäre seiner Zeit voraus gewesen. Jetzt bemühen sich erste Gastro-Apps, den Bestell- und Bezahlvorgang einfacher zu machen. Auf dem eigenen Smartphone können nach Scannen des Barcodes am Tisch für die gesamte Runde Speisen wie Getränke ausgewählt und gleich per App bezahlt werden, inklusive Trinkgeld. Skepsis ist vorhanden. Aber da auf der Speisekarte des hippen Lokals nett gefragt wird, ob man das nicht mal ausprobieren wolle, und noch kein lebendiges Wesen am Tisch steht - warum nicht?

Der Service kommt bald mit den Getränken. Vielversprechend. Die Zeit vergeht, kein Ding. Mehr Zeit vergeht, verstohlen wird sich umgesehen, ob andere auch zunehmend verzweifelt warten. Aber andere wirken glücklicher, nicht so, als würde gähnende Leere in ihrer Magengegend bohren. "Per App dauert's manchmal länger", erklärt der Service, um dann mitzuteilen, dass die Bestellung nicht in der Küche angekommen sei. Dank Turbo-Anfertigung der Gerichte und Getränken aufs Haus findet aber noch eine Versöhnung mit den Gästen statt.

Später ist nachzulesen, den Gründern der App wäre ihre Idee gekommen, weil sie sich beim Warten auf den Service geärgert hatten. Vielleicht ist das App-Bestellen seiner Zeit noch voraus. Vielleicht ist es aber oft nicht nur netter, sondern auch effektiver, mit jemandem zu reden statt auf Bildschirme zu tippen. Und hoffentlich bleibt dies eine zeitlose Sichtweise.

© SZ vom 02.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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